01.09.2015 Droemer-Knaur
Lilli Gruber
Der Sturm
Die Kriegsjahre meiner Südtiroler Familie
Roman. 360 S., ISBN: 978-3-426-27669-3.
Als Tochter von Optanten und geschichtsinteressierte Zeitgenossin bin ich der Autorin für diese spannende Lektüre dankbar. Trockene Dokumente sind nicht mein Fall – nicht einmal dann, wenn es sich um die Geschichte meiner Vorfahren handelt. Am liebsten sind mir fundierte Romane, wie auch schon Lilli Grubers Werk: DAS ERBE. Die Geschichte meiner Südtiroler Familie, das ich schier verschlungen habe.
Eine zentrale Figur in DER STURM ist Lillis Großtante Hella Rizzolli, um deren Leben, Lieben, Irren und Erkennen es in dieser Geschichte geht – bereichert durch sehr persönliche Dokument- und Briefauszüge. Die verworrenen historischen Ereignisse Südtirols von 1938-1945 werden mir bei der Lektüre bewusster als bisher. Die ferne Heimat Südtirol mit seinen gespaltenen Einwohnern erschließt sich mir auf neue Weise. Lilli Grubers aktuelles Buch ist ein wertvolles Zeitdokument für alle, die Geschichte im Allgemeinen interessiert und Hitlers perfider Machtwahn im Besonderen. RS/PTM
Es ist eine Zeit des Umbruchs, nicht nur in Südtirol. Hella Rizzoli weiß, dass das Schicksal ihrer Heimat auch über ihr Leben bestimmt. Wenn sie weiterhin auf dem Gut ihrer Familie leben will, muss sie in Kauf nehmen, fortan Italienerin zu sein. Doch ihr Herz schlägt für die Sache der Deutschen, für die auch ihr Geliebter kämpft. Der aber ist weit fort in großer Gefahr – und sie muss allein durch den Sturm gehen.
Hella Rizzolli muss Abschied nehmen: Ihr Verlobter geht an die Front, er will für die deutsche Sache kämpfen. Auch Hella ist eine überzeugte Verfechterin deutscher Interessen in ihrer Heimat Südtirol. Lange Jahre hat sie als Deutschlehrerin im Untergrund unterrichtet, und so ist sie stets im Fokus der faschistischen Behörden. Doch es ist nicht einfach, sich eine Meinung zu bilden über das, was mit Südtirol passiert. Das wird Hella bewusst, als erste Verwundete von der Front in ihre Heimat verlegt werden und sich ihr geliebter Wastl nicht mehr meldet. Was ihr zuvor eindeutig schien, wird nun überschattet von Tatsachen, an denen sie nicht vorbeikommt: Wohin werden die Optanten geschickt, die ins Deutsche Reich umziehen wollen, wie Mussolini und Hitler es vereinbart haben? Was geschieht mit den Alten und Behinderten aus den Optantenfamilien? Warum sind so viele ihrer Landsleute dafür, im faschistischen Italien auszuharren? Wem kann sie wirklich trauen? Aus festgefügten Urteilen werden Zweifel – erst recht, als Hellas Liebe stirbt und dann allmählich ihre Überzeugungen.
Lilli Gruber, geb. 1957 in Bozen, ist eine der bekanntesten italienischen Journalistinnen und Moderatorinnen. Nach Stationen u.a. bei La Stampa und Corriere della Sera moderierte sie als erste Frau die Hauptnachrichtensendung und war auch für das deutsche Fernsehen tätig. 2004 bis 2009 war sie Abgeordnete im Europäischen Parlament, wo sie gegen Berlusconi Partei ergriff. Derzeit leitet sie eine Sendung auf LA7, in der sie aktuelle Nachrichten kommentiert. Sie hat sich weit über Italien hinaus einen Namen gemacht. Bei Droemer erschien von ihr im Jahr 2013 „Das Erbe. Die Geschichte meiner Südtiroler Familie.“
»Mein Buch ist ein Angriff auf die Intoleranz. Ein Appell, den Mut aufzubringen und zuzugeben, dass hinter jeder Tragödie eine individuelle Verantwortung existiert.« (Lilli Gruber)
»Ein starkes, ein ungemein intensives Buch« (Corriere della Sera)