Rathkes satirische Randnotizen
200 Jahre Götterfunken – 7.5.1824.
Wir feiern heute wonnetrunken
zweihundert Jahre Götterfunken,
die Beethoven genial versprühte,
als Schillers Ode voll in Blüte.
Der Ludwig schuf grad seine Neunte,
mit der er Menschen froh vereinte.
Er hoffte sehr, daß durch den Frieden
Kriege endlich ganz vermieden.
Musik sei Balsam für die Wunden,
die Zerstörungswut geschunden.
Die Neunte würde ebendrum
zum neuen Evangelium.
Beethoven schrieb sie für’s Orchester.
Der vierte Satz wurde sein Bester.
Da sangen Chöre und Solisten,
die wir am Anfang noch vermißten.
Es scholl die Ode an die Freude,
die Ohren hatten ihre Weide.
Verbrüderung erzeugte Trubel,
und Ehrfurcht mischte sich mit Jubel.
In Wien umarmten sich die Welten,
so inniglich, wie vorher selten,
himmelstürmend, unbeschreiblich.
Beifall war da unausbleiblich.
Drum stand die Sinfonie-Kantate
für die Europa-Hymne Pate.
Im Wolkenkuckucksheim zwar nisten
heut radikale Feministen.
Sie dürfen selbverständlich gendern
und schillernde Passagen ändern.
Verbrüdern dürfen sich auch Schwestern.
Die Männer sollten da nicht lästern.
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Der Schiller blieb ganz wortgetreu,
vor allem in dem „Song of Joy“.
Die Menschheit auf dem Erdenrund
vereint ein fabelhafter Bund.
Doch, sind wir frei und brüderlich ?
Gibt‘s nicht auch Hass, der widerlich ?
Der Träumer merkt oft schreckensbleich:
Keiner ist dem andern gleich !
Trost spendet die Utopie.
Hoch lebe unsre Phantasie.
Danken wir dem Dichter müßten,
auch dem großen Komponisten !
Selbst wenn der Mensch im Wahnsinn treibt,
hofft man, daß die Hoffnung bleibt !
Die Götter funken aus den Sternen:
Aus Erfahrung müßt ihr lernen !
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