Von meiner Reise durch Afghanistan 1978
An einem glühend heißen Herbsttag kam ich mittags per Autostop in Mazar-i-Scharif an. Es ist für viele Afghanen ein Heiliger Ort, denn nach Auffassung der Schiiten ist hier ihr Heiliger ALI bestattet.
Auch ich wollte unbedingt an den Schrein, zu dem viele Pilger wallfahren. Zunächst legte ich im Hof meinen Rucksack ab und setzte mich unter einen schattenspenden Baum. Ich beobachtete erstmal das Treiben vor dem Schrein. Plötzlich kam ein schwarz gewandeter Mullah auf mich zu und fragte mich,
wer ich sei und woher ich käme. Ich sagte zunächst artig „Allahu akbar !“ (Gott ist groß), um ihn gnädig zu stimmen, denn man weiß nie, was die Leute mit einem „Ungläubigen“ machen. Ich sagte ihm auf türkisch (denn dort leben meist türkischsprechende Uzbeken) „Göz hastaliklari mütehassisim“ („Ich bin Augenarzt), und aus „Almanya“ (Deutschland).
Der Mullah dachte lange nach und murmelte nur: „Almanya ?“ Doch plötzlich hellte sich seine Miene auf, strahlte übers ganze Gesicht, und sagte: „Almanya ? Hitler – Beckenbauer !“
Und freundlich begleitete er mich an den Heiligenschrein.
Wir beteten erst beide zu Ali. Dann er zu Hitler, ich zu Beckenbauer.
Reisen bildet!
Dr. Winfried Rathke hat in seiner lyrischen Schatzkammer so ziemlich alles (u.a. Weinlyrik vom Feinsten), womit Gäste ihre Gastgeber erfreuen können… Einfach mal reinklicken und reinblicken!
