Rathkes satirische Randnotizen

Rathkes satirische Randnotizen

Die Kamelien-Dame

von Alexandre Dumas Fils

Grab der Kameliendame, Montmartre, Paris

Zögernd aus dem Grab ich krame

Reste der Kameliendame,

um die Fakten neu zu sichten

und ihr Faible zu belichten.

Ihre rührenden Gebeine

ruhen dicht bei Heinrich Heine,

längst befreit von Zeit und Zügel

auf Montmartres Friedhofshügel.

 

Oft lag sie als Kurtisane

lockend auf der Ottomane.

Ihre Kunst, die rein dual,

übte sie horizontal.

Ja, nach unsren Analysen

lag ihr halb Paris zu Füßen.

Jeder wollt sie als Maitresse. –

 

Anatomisches Interesse

ließ Salonlöwen erbeben

und zu ihrem Körper streben.

Alte, Kleine, Dicke, Krumme

zahlten klaglos jede Summe,

um mal ihren Leib zu mieten.

And’res wußt sie nicht zu bieten.

 

Ihre Haut war ganz phantastisch,

duftend, weich und sehr elastisch.

Jedes Weib hat nun Probleme,

meistens nicht sehr angenehme,

wenn sie solche Tage hat,

die für Liebe nicht probat.

 

Mademoiselle Alphonsine

trug dann, mit betrübter Miene,

rührend in dem Café-Schälchen,

vor der Brust rote Kamelien.

Allerdings das nur 5 Tage.

Wechsel dann der Stimmungslage.

 

Unserm Herrn sei Lob und Preis,

die Kamelien wurden weiß.

Weiß, das reizte nun Gemächte

fünfundzwanzig frohe Nächte,

oh, es kochte hinter Stirnen

in verhexten Männerhirnen.

Freier standen daher lange

brünstig vor der Haustür Schlange,

wollten hinter den Markisen

jene Leibesfrucht genießen.”

 

Alexandre Dumas Fils,

der auf ihre Schönheit stieß,

Alexandre Dumas Fils

liebte sie wohl wie besessen

war von Eifersucht zerfressen,

wenn sie ihn zwar reich beglückte

und an ihren Busen drückte.

 

Doch – sie wollte, was zu ahnen

all den früheren Galanen

nicht, was leicht verständlich eben

einfach so den Laufpaß geben.

 

Alexandre mußt zuweilen

sie mit andren Herren teilen,

weshalb er aus dunklem Trieb

gleich ein Boulevard-Stück schrieb

über jene anschmiegsame

Traumfrau “Die Kamelien-Dame.”

 

Doch, obgleich sie heiß umworben,

ist sie leider jung verstorben.

Schon mit dreiundzwanzig Jahren

wurde sie zu Grab gefahren.

 

Schwindsucht, die nicht zu beheben

riß sie aus dem prallen Leben.

Viele lustgeplagte Greise

schluchzten an dem Grabe leise.

 

Jemand warf – welch Sittendrama –

in ihr Grab seinen Pyjama,

anstatt Blumen sebstverständlich.

Ja, die Trauer war unendlich.

 

Sarah Bernhardt

Sarah Bernhardt

Aus der Story im Verschnitt

wurde ein Theater-Hit,

den genossen anfallsweise

Adel und Gesellschaftskreise,

die der Künstlerin im Lieben

früher stets verschlossen blieben.

 

Selbst in Zirkeln, die hermetisch,

klatschte man nun ganz frenetisch.

Sarah Bernhardt war die tolle

Star- Aktrice dieser Rolle.

Nach dem Schauspiel der Verführung

folgten Tränenschwall und Rührung.

Verdi schrieb ganz adäquat da

seine Oper “La Traviata,”

hat sie damit musikalisch

und ein bissel theatralisch

für die Ewigkeit bewahrt,

an Romantik nicht gespart.

 

Ach, da seufzten viele Männer,

nicht nur Trottel, sondern Kenner,

trauernd, mit verglaster Miene,

immer wieder: “Alphonsine !”

 

Mir errötet selbst die Zehe,

wenn ich vor Kamelien stehe.

Mich verwirren schon die Schilder,

wo nur draufsteht: “Camel Filter.”

(Dr. Winfried Rathke)

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