Psychiatrie: Hilfe zur Selbsthilfe

Psychiatrie: Hilfe zur Selbsthilfe
aerzte-0049.gif von 123gif.deKinderpsychiater im NetzAkutes traumatisches Erlebnis: Kinder benötigen Hilfe zur Selbsthilfe
Sind Kinder als Beteiligte oder Zeugen beispielsweise eines Unfalls, einer Naturkatastrophe, eines Amoklaufs oder einer Massenpanik extremen Belastungen ausgesetzt, ist neben der notwendigen medizinischen Ersthilfe auch psychische Unterstützung wichtig. „Nach einem akuten potentiell traumatisierenden Ereignis ist das Bedürfnis von Kindern nach Sicherheit sehr groß. Dann ist es vorteilhaft, wenn ihnen Personen zur Seite stehen, die von den Kindern selbst gewählt wurden. In der Regel sind es die Eltern, die in so einer Situation die größte Sicherheit vermitteln und am besten emotionale erste Hilfe leisten können“, meint Dr. Ingo Spitczok von Brisinski vom Berufsverband für Kinder‐ und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland (BKJPP) mit Sitz in Köln. „Haben die Eltern aufgrund der Vorkommnisse mit ihrer eigenen Überforderung zu tun und können dem Kind deshalb oder aus anderen Gründen nicht ausreichend emotional zur Seite stehen, ist es ratsam, professionelle Helfer aufzusuchen.“ Kindern sollte nach einer Krisensituation möglichst bald das Gefühl vermittelt werden, dass ihnen keine weitere Gefahr droht und auch, dass sie nicht alleine sind. Auch ist es vorteilhaft, ihre aktuellen Grundbedürfnisse zu erfüllen, indem ihnen beispielsweise wärmende Decken, Getränke oder auch Nahrungsmittel zur Verfügung gestellt werden. Des Weiteren benötigen sie professionelle Hilfe, sofern sie längere Zeit durch das Erlebte stark beeinträchtigt sind.
Oft braucht es zunächst Trost und Anteilnahme aber auch Informationen, die dem Kind das außergewöhnliche Geschehen erklären. Es ist sinnvoll, dem Kind altersgerecht Informationen zu vermitteln, die ihm helfen, Unwissenheit und Ungewissheit abzubauen und die sein Verständnis für das Geschehen fördern. „Beispielsweise können mögliche körperliche Reaktionen des Kindes, wie Zittern, Schütteln oder Hyperventilieren, angesprochen werden. Dabei sollte dem Kind klar gemacht werden, dass diese Reaktionen normal sind“, erklärt der Kinder‐ und Jugendpsychiater und ‐ psychotherapeut. „Kinder reagieren meist erleichtert, wenn sie erfahren, dass diese heftige Symptomatik vorübergehend und nicht ungewöhnlich ist. Zudem ermutigt es sie, Reaktionen auf ihre Art und Weise zu zeigen, sie auszuhalten und zu akzeptieren. “ Weiterhin ist es gut zu thematisieren, dass Hilfe erfolgen wird und auch, mit welchen Maßnahmen nun zu rechnen ist. Von großer Bedeutung ist, die Kinder in der akuten Situation und auch danach mit ihrer Last nicht alleine zu lassen.
Bezugspersonen sollten besonders aufmerksam sein, wenn das betroffene Kind unangemessene Schuldgefühle äußert. „Die Bezugspersonen sollten dem Kind ausdrücklich mitteilen, dass seine Schuldgefühle unbegründet sind. Dabei ist eine dem Entwicklungsstand des Kindes angemessene Erklärung zum Geschehen hilfreich“, ergänzt Dr. Spitczok von Brisinski. „So kann dem Kind geholfen werden, unangemessene und unrealistische Schuldgefühle durch realistische Erklärungen abzulösen. Das kann das Kind entlasten. “
„Psychische Erste Hilfe kann die Belastung für ein Kind nicht völlig nehmen, aber vermindern“, fügt der Facharzt hinzu. „Hierdurch kann das Risiko für Spätfolgen wie psychosomatische Erkrankungen oder eine posttraumatische Belastungsstörung verringert werden.“ Weil Kinder unter Umständen lange unter den Eindrücken extremer Belastungen leiden, sollten Eltern über einen längeren Zeitraum ihren Kindern gegenüber besonderes aufmerksam und gesprächsbereit sein und gegebenenfalls professionelle Unterstützung bei einem Kinder‐ und Jugendpsychiater wahrnehmen.
Informationen
Quelle: Psychische Erste Hilfe bei unverletzt‐betroffenen Kindern in akuten Notfallsituationen; Harald Karutz

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