Dr. Winfried Rathke
FERNAND ARBELOT
Seine Frau Henriette Marie Louise überlebte ihn um 25 Jahre und starb erst 1967. Sie wurde im gleichen Grab beigesetzt.
Der vermögende Arbelot hatte beim belgischen Bildhauer Alfonse Wansart noch vor dem Tod sein Grab mit der Bronzeskulptur bestellt. Er selbst liegt auf dem Rücken und hält ihr Gesicht vor sei-ne Augen. Die Inschrift am Grabmal ist Symbol von Liebe und Sehnsucht, emotionaler Tiefe und Romantik: „Ils furent émerveillés du beau voyage, qui les mena jusqu’au bout de la vie.” (Sie waren entzückt von der schönen Reise, die sie bis ans Ende des Lebens führte). Sie vermittelt die Vor-stellung, daß das Leben und auch die Liebe eine Reise ist, die bis zum Tod andauert und dabei vol-ler Schönheit und Staunen ist.
Fernand Arbelot wollte für immer ihr Gesicht sehen, auf dem Friedhof Père Lachaise
Über den Belgier weiß man fast nichts. Bekannt ist nur, daß er Direktor der Banc Continental de Paris war, von 1880 bis 1942 lebte, und seit 1919 glücklich verheiratet war.
Reiseführer mit Zaubersprüchen für die Ewigkeit
Winfried Rathke widmet sich in seinem neuen Buch den Vorstellungen vom Jenseits
148 Seiten – 200 Abbildungen
Rheingau. (chk) –
Dr. Winfried Rathke hat viele Länder dieser Welt bereist, sich mit Kulturen, Philosophien, Religionen beschäftigt und sich auch mit ihrem Umgang mit dem Tod auseinandergesetzt. „Nachdem ich viele Friedhöfe, Grabmäler, Totentempel und Mausoleen in der Welt besucht und fotografiert habe, kam mir der Gedanke, aus all den Erinnerungen ein Büchlein zu machen. Hier ist es“, schreibt er im Vorwort seines jüngsten Werkes.
„Jenseits-Gedanken“, heißt das gerade erschienene Buch, das den Untertitel trägt, „Erwartung – Hoffnung – Illusion. Wanderungen in eine andere Welt.“ Er bezeichnet das Buch als eine „Art Bilderbuch“ über seine Fernreisen und tatsächlich ist es noch reicher bebildert als seine vorhergehenden Bücher. Da er bei seinen Reisen Unmengen Fotos geschossen habe, sei die reichhaltige Bebilderung einfach gewesen „Ich war früher oft auf Friedhöfen und habe ein Faible für seltsame Grabsteine entwickelt“, erzählt er. „Es ist einfach kurios, was man auf Friedhöfen findet.“ Dabei werde man immer auch mit Religionen und Jenseits-Vorstellungen konfrontiert und die Geschichte der Religionen, der man beim Reisen begegne, sei unbeschreiblich interessant. „Ich habe an islamischen, jüdischen und Zen-Kulten teilgenommen und viel darüber nachgedacht.“ Er hat sich mit interessanten Gräbern beschäftigt, Grab-beigaben studiert, wanderte unter Tage durch Katakomben und Krypten, beschäftigte sich mit Sarkophagen und erklomm selbst hochgelegene lykische Nekropolen. Was er erlebt und erforscht hat, gibt er in seinem Buch weiter, so dass es ein überaus unterhaltsames, informatives und lehrreiches „Bilderbuch“ geworden ist.
Sein Buch startet mit den Pyramiden, die vor rund 4.500 Jahren als Grabanlagen für die Pharaonen gebaut wurden. Auch wenn er dabei besonders die Bilder sprechen lässt, sind die begleitenden Texte aufschlussreich und regen die Neugier an, mehr über den jeweiligen Sachverhalt zu erfahren, was auch für das ganze Buch gilt. Er vermutet, dass die Sphinx von Gizeh eine Wächterfigur ist, die das Pyramidengrab ihres Pharaos bewachen soll. Tunnelsysteme, Grabkammern, Wandmalereien und die Mumifizierung der Toten geben Aufschluss über die Jenseits-Vorstellungen der alten Ägypter. Schutzgewährende Amulette und „Reiseführer“ mit Zaubersprüchen gehörten zu den Beigaben, die auf dem Weg in die Ewigkeit nicht fehlen durften.
Beeindruckend sind auch Rathkes Fotografien und Schilderungen von Petra in Jordanien. „In den steilen Schluchten des Talkessels ließ sich die Elite der Nabatäer Gräber in aushöhlender ‚Negativ-Architektur‘ schaffen“, schreibt er. Aus der antiken syrischen Stadt Palmyra zeigt er Fotografien von Grabtürmen, die der IS 2015 zerstört hat. Sein Streifzug führt durch den japanischen vom Buddhismus geprägten Totenkult und kommt zu den hinduistischen Riten, die für den westlichen „Geschmack“ befremdend sind. Keltische Gräber mit wertvollen Beigaben verraten viel über die Jenseits-Vorstellungen der Menschen, und die Größe der Gräber sagt etwas aus über die Bedeutung der Verstorbenen. Eine zeitliche Einordnung sei oft schwer möglich, schreibt Rathke und zeigt Fotos des „Fürsten vom Glauberg“, der nach Ausgrabungen in den 1990er Jahren als „hessischer Pharao“ durch die Medien gegeistert sei und samt Keltenschwert heute im Glauburg-Museum ausgestellt ist.
Eine überwältigende Bilderwelt hat er in Griechenland und Italien zusammengetragen und auch dazu die verschiedenen Vorstellungen in christlicher und vorchristlicher Zeit erläutert. Auch Impressionen von jüdischen Gräbern und einigen besonderen Grabsteinen fehlen nicht. Dazu kommen schlanke osmanische Grabsteine mit arabischen Inschriften, bis Atatürk das lateinische Alphabet einführte. Zwei besonders prachtvolle und berühmte Grabbauten wurden von islamischen Herrschern für ihre große Liebe errichtet, so das Mausoleum Tadsch Mahal in Agra in Indien und ein Grabbau in Uch Sharif im pakistanischen Punjab, den ein persischer Prinz für seine früh verstorbene Frau 1494 erbauen ließ.
Großer Trauer, großer Liebe und dem Traum vom ewigen Leben ist der vielgereiste Dr. Rathke in allen Ländern und allen Kulturen begegnet – in pompöser Architektur und in Grabmälern, die wahre Kunstwerke sind, wie beispielsweise auf dem Friedhof Staglieno in Genua. „Entworfen wurde er vom Architekten Carlo Barabino und 1851 eröffnet“, schreibt er. „Seine Grabmäler in einem Skulpturenpark, der sich über einen Quadratkilometer erstreckt, stehen in mediterraner Tradition. Staglieno ist Kunst-genuss unter freiem Himmel inmitten einer idyllischen Landschaft.“ Davon haben auch berühmte Besucher geschwärmt, wie Friedrich Nietzsche, Guy de Maupassant, Marc Twain und Kaiserin Sissi. Ein Beispiel zeigt das Coverfoto des Buches – das „Tomba Burrano“ von Piero da Verona.
Die größte als Parkfriedhof angelegte Begräbnisstätte der Welt ist der Cimetière du Père Lachaise in Paris, den Rathke natürlich auch besucht hat. Von dort, wo viele Berühmtheiten ihre letzte Ruhe gefunden haben, zeigt er u.a. die Gräber von Frédéric Chopin und Oscar Wilde. Auf dem Montmatre-Friedhof besuchte er das Grab von Heinrich Heine, der vor „preußischen Ketten“ nach Paris geflohen war.
In jedem Fall ist dieses Buch eine anregende Lektüre, inspiriert dazu, sich mit dem Tod zu beschäftigen, ohne in Todessehnsucht oder in eine depressive Stimmung zu verfallen Es ist durchaus interessant, den Blick aus dem Diesseits auf die Vorstellungen der Menschen zu werfen – darauf, wie sie sich seit Jahrtausenden das Jenseits ausmalen, wie sie hoffen und wie sie glauben.
„Jenseits-Gedanken“ von Dr. Winfried Rathke ist im Eigenverlag Mennipos erschienen. 148 Seiten, 14,80 Euro. Es kann auch über den Autor bezogen werden per E-Mail an winfried-rathke@web.de, Telefonnummer 06722-64073 oder über den Buchhandel. ISBN 978-3-9822029-7-6.