Februar-Märchen: Vroni und Fridolin

Februar-Märchen: Vroni und Fridolin

kuh-0015.gif von 123gif.deMarcel und Eric Schäffler

Vroni und Fridolin

Im schönen Alpenland, wo eis- und schneebedeckte Felsen die grünen Berge überragen, stand in einem der vielen Täler ein stattlicher Bauernhof. Die Ache, die das Wasser von den Bergen hinunter führte, floss brausend an ihm vorüber und deshalb wurde er weit und breit der Achenhof genannt.

Der Bauer und die Bäuerin, die dort wohnten, waren sehr stolz auf ihren Besitz, aber ihr größter Stolz war doch ihr einziger Bub, der Fridolin. Der war immer fröhlich und guter Dinge und schaute mit blitzenden Blauaugen in die schöne Bergwelt hinein. Dem Vater ging er schon tüchtig zur Hand und der meinte, es würde einmal ein richtiger Bauer aus ihm werden. Wo der Fridolin war, da war auch die Vroni, ein herziges Dirnlein. Sie war die Tochter vom Großknecht Jürgen. Ihre Mutter hatte die Augen für immer geschlossen, als Vroni das erstemal mit ihren Blauaugen in die Welt hinein guckte. Da hatte sich die Bäuerin des mutterlosen Waisleins angenommen und es mit Fridolin, der ein paar Jahre älter war, zusammen aufgezogen.

Nun war wieder einmal die Zeit der großen Schneeschmelze vorbei und der Bauer meinte, das Vieh könnte nun hinauf auf die Alm getrieben werden. Darauf freute sich besonders die kleine Vroni, denn sie durfte heuer das erste Mal mit dabei sein. Tags zuvor hatte sie alle Hände voll zu tun. Sie lief hinaus auf die Wiese und pflückte ihr Schürzlein voll Blumen. Daraus band sie Kränze und Girlanden, denn die Kühe sollten doch schön geschmückt werden. In der Nacht schlief sie nicht und früh war sie die Erste auf dem Hof und im Stall und putzte die Kühe schön heraus. Muhend liefen sie durcheinander und wenn Vroni ihre Sprache verstanden hätte, dann würde sie gehört haben, wie sich die Tiere auf die Alm freuten. Dort wuchsen so würzige Kräuter und überall rieselten die frischen Quellen und in den Stall brauchten sie nicht und konnten Tag und Nacht im Freien bleiben.

Jedes Tier hatte eine Glocke um den Hals und es gab ein melodisches Geläute, als sie dann alle zum Tor hinaus zogen. Voran Tobias, der alte Senn, und Kathrin, die Kuhmagd, und Seppl, der Hütebub, und zuletzt Fridolin und Vroni, die stolz ihr Bündlein trug. Der Bauer und die Bäuerin begleiteten den Zug bis zum Ende des Tales und dann ging es hinauf in die Berge. Bei jeder Wegbiegung schauten sich die Kinder um und freuten sich, wie der Achenhof immer kleiner und kleiner wurde und schließlich ihren Blicken ganz entschwand. Für Vroni war alles neu und sie fand den Aufstieg wunderschön. Vor jeder Blume blieb sie stehen und von jeder Quelle wollte sie trinken.

Oben auf der Alm wußte sie nicht, was sie zuerst bewundern sollte. Sie durchstöberte alle Ecken der Sennhütte und kletterte die Leiter zum Heuboden hinauf und erklärte am anderen Morgen, daß sie noch nie so gut geschlafen habe, wie da oben im duftenden Heu. Die Kinder waren nun den ganzen Tag im Freien bei der Herde. Fridolin lag im Grase und Vroni pflückte Blumen und wand unermüdlich Kränzlein daraus für sich und den Fridolin. Machmal bekam auch Seppl, der Hütebub, eines ab für sein verwittertes Filzhütlein.

Wenn einmal ein Regentag kam, dann hockten sie bei Tobias in der Küche und schauten ihm zu, wie er die Milch in dem großen Kessel rührte und den guten Käse daraus bereitete. Vor Tobias hatten sie viel Respekt. Er war schon jahrzehntelang hier oben als Senn gewesen und da hatte er manches erlebt in der Bergeinsamkeit. Er zeigte den Kindern den gewaltigen Felsen, der ein Dach von Schnee und Eis hatte und erzählte, daß er als junger Bursche da hinauf gestiegen war, aber da sei ihm der Gletscherkönig entgegengetreten und hatte mit Eisstücken nach ihm geworfen. Beim Abstieg hatte er sich dann verirrt und er hatte gemeint, er würde sich nimmer zur Sennhütte zurückfinden. Da sei zur rechten Zeit die Bergfee gekommen und habe ihn auf den richtigen Pfad geführt. Die Bergfee wäre so wunderschön, daß ihm schier der Atem vergangen sei. Er hatte auch die Felsenhexe gesehen. Das war ein altes garstiges Weib und wohnte oben in den Bergen in einer Höhle. Sie kam aber auch oft ins Tal herunter, schlich sich an die Herde heran und nahm den Kühen die Milch weg. „Wenn ihr sie einmal seht“, sagte Tobias zu den Kindern, „dann geht ihr aus dem Wege und spottet nicht über sie. Das kann sie nicht vertragen und sie wird böse und gebraucht ihre Zauberrute.“

Wenn die Kinder wieder allein waren, dann schauten sie zu dem gewaltigen Felsen hinauf und sie meinten, die Bergfee würden sie gern einmal sehen, aber den Gletscherkönig und die Felsenhexe nicht.

Eines Tages fehlte eine Kuh aus der Herde und Fridolin und Seppl, der Hütebub, gingen aus, um sie zu suchen und jeder ging nach einer anderen Richtung. Als der Abend kam, fand sich die Kuh mit vollem Euter wieder ein und auch der Hütebub kehrte zurück. Aber Fridolin kam nicht wieder, auch in der Nacht und am folgenden Morgen nicht. Da schickte Tobias in seiner Angst und Sorge den Seppl hinunter ins Tal zum Achenhof.

Vroni aber war sehr traurig über Fridolins Verschwinden. Sie lief umher wie in geknicktes Blümlein und klagte jedem Stein am Wege ihr Herzeleid. In der Nacht fand sie keinen Schlaf und dachte nur immer an Fridolin. Wo mochte er nur sein, der liebe, gute Bub? Ob sie wohl einmal die Bergfee aufsuchte? Die würde ihr wohl sagen können, wo er sich befand. Sie überlegte hin und her, stand dann auf und kleidete sich leise an, um die schlafende Kathrin, die mit ihr die Kammer teilte, nicht zu wecken. Vorsichtig stieg sie die Leiter hinab in die Küche und steckte ein Stück trockenes Brot zu sich. Dann ging sie aus der Hütte hinaus an den schlafenden Kühen vorüber und stieg den Berg hinan. Noch war es Nacht, aber dunkel war es nicht und Vroni konnte sehen, wohin sie stieg. Immer höher ging es hinauf. Sie achtete nicht darauf, daß sie am Gestrüpp ihr Röcklein zerfetzte und daß ihr das harte Gestein die Füße wund ritzte. Sie hatte nur den einen Gedanken, Du mußt den Fridolin suchen! Laut rief sie manchmal seinen Namen, aber nur das Echo von der nahen Felsenwand antwortete. So kletterte sie tapfer weiter und kam auf einmal in ein kleines Felsental. Da fand sie sich nicht wieder hinaus. Ihre Füße brannten und schmerzten und sie setzte sich auf einen Stein. Ein Busch stand davor und Vroni sah im Morgengrauen, daß es ein Rosenbusch war. Da seufzte sie vor sich hin: „Ach du schöner Rosenbusch, wenn du mir doch sagen könntest, wo ich den Fridolin finden kann.“ Da erklang eine leise Stimme aus dem Busch: „Das kann ich dir nicht sagen, da mußt du die Bergfee fragen, die geht bei Sonnenaufgang durch dieses Tal.“ „Seit wann können denn die Blumen sprechen?“ fragte verwundert die Vroni. Da klang es wieder aus dem Rosenbusch: „Du bist im Zauberreich der Bergfee, da können die Blumen und Tiere sprechen.“

„Oh,“ sagte Voni, „das ist schön, da kann ich nun jede Blume und jedes Vöglein nach dem Fridolin fragen“. Sie schloss ihre Augen und nach einer Weile schaute sie wieder um sich und sie sah, wie der Himmel hell wurde und wie die Schneegipfel der Berge im hellen Morgenrot erglühten. Die Sonne geht auf, dachte Vroni und sie sah, wie eine wunderschöne Frau aus dem Felsen heraustrat. Ihr Gewand war rein und weiß wie Firnschnee, durch ihre dunklen Locken war ein Kranz von Edelweiss geschlungen und von ihrer Schulter herab fiel ein grüner Samtmantel. Darauf waren alle Blumen gestickt, die hier oben zwischen den Felsen und unten auf den Bergwiesen erblühten: Edelweiss und Alpenrosen, Einzian und Glockenblumen, Vergißmeinnicht und Margeriten. In der Hand hatte die schöne Fee einen Stab mit Silberglöckchen. Den schwang sie leise hin und her und von dem lieblichen Geläut erwachten alle Blumen. Sie hoben ihre Köpfchen und reckten und streckten ihre Blättchen und die Bergvöglein im Gesträuch fingen leise zu zwitschern an. Überall war ein Flimmern und Leuchten und die Rosen am Busch färbten sich purpurrot. Vroni sah das alles voller Staunen und ihr kleines Herz füllte sich mit Andacht. Sie glitt von ihrem Stern herunter und faltete kniend ihre Hände. Die Bergfee schritt auch an ihr vorüber und legte die Hand auf ihr Blondköpfchen. „Nun, du kleines Dirnlein“ sagte sie, „was willst du denn schon so früh hier oben in meinem einsamen Felsental?“

„Ich suche den Fridolin“ sagte Vroni, „oh, sagt mir doch, wo ich ihn finden kann.“ „Von dem Fridolin weiß ich nichts“ antwortete die Fee, „da mußt du dort oben den Gletscherkönig fragen. Der kann von seinem Schloß aus das ganze Tal überblicken und weiß alles.“

Vroni schaute zu dem gewaltigen Felsen mit dem schimmernden Eisdach hinauf und ihre Blauaugen füllten sich mit Tränen. „Da hinauf komm‘ ich nimmer mit meine wunden Füß´“ schluchzte sie. Da ging die Bergfee an den nahen Quell und schöpfte Wasser in ihre Hand und strich leise und lind über Vronis Füßlein. Da wurden sie geheilt und schmerzten nicht mehr. „Weine nicht Dirnlein,“ sagte die Fee, „ich werde dir helfen.“ Sie schwang ihre Silberglöckchen und ein Gamsböcklein kam angesprungen und blieb demütig vor der Bergfee stehen. „Trage dieses Dirnlein schön behutsam zum Gletscherkönig hinauf“, befahl ihm die Fee.

Da zuckte es um Vronis Mündlein und stockend brachte sie hervor: „Der Gletscherkönig wird mit Eisstücken nach mir werfen, so sagt der Tobias.“ „Nein,“ sagte die Fee tröstend, „das wird er nicht tun. Nur wenn sich Neugierige seinem Reich nahen wird er böse. Du solltest ihm auch sagen, daß ich dich geschickt habe.“

Da beruhigte sich Vroni und ließ sich auf das Gamsböcklein heben. Die Bergfee löste noch ein Silberglöcklein von ihrem Stab, gab es Vroni und sagte: „Läute damit, wenn du Hilfe brauchst.“ Sie legte noch einmal die Hand auf Vronis blonde Flechten und das Gamsböcklein lief mit ihr davon und kletterte den Felsen hinauf. Vroni hielt sich an den Hörnern des Böckleins fest und wenn das von einem Felsen zu anderen Hinübersprang, dann schloss sie die Augen, denn in die schwindelnde Tiefe konnte sie nicht sehen. Der Gipfel des Felsens war in weiße Wolken gehüllt. Aber auch durch diese fand das Böcklein seinen Weg und Vroni dachte: Nun kann ich die schönen weißen Wolken, die ich immer nur so hoch über mir sah, mit meinen Händen fassen. Auf einmal blieb das Gamsböcklein stehen und sagte: „Nun sind wir da.“

„Dort hinter dem Felsvorsprung liegt das Schloß des Gletscherkönigs.“ Vroni streichelte dankbar das gute Tierlein und lief um den Felsen herum. Da lag das Eisschloß des Gletscherkönigs vor ihr und so weit ihr Auge blickte, sah sie nur Eis und Schnee. Vor dem Eingang des Eisschlosses standen zwei Bergmännlein, die hatten weiße Pelzröckchen an und Pudelmützen auf dem Kopf. Sie fragten Vroni nach ihrem Begehr und führten sie in die Halle des Gletscherkönigs. Der saß auf seinem Thron von Schnee und Eis. Um ihn herum standen Bergmännchen mit weißen Pelzröckchen und spielten auf Schalmeien. Der Gletscherkönig hatte einen langen weißen Bart, daran hingen Eiszapfen und auch von der Nase hingen ihm kleine Zapfen herunter. Das sah sehr komisch aus und Vroni dachte, wenn der Fridolin jetzt bei mir wäre, dann müßten wir lachen und dann würde der König auf uns böse sein.

Mit klopfendem Herzen ging sie vorwärts und die Erdmännlein traten zurück und hörten mit ihrem Spiel auf. Verwundert sah der alte Gletscherkönig auf sie herab und lachend fragte er: „Wie bist denn du hier herauf zu uns gekommen, du kleines Menschenkind ?“ Vroni antwortete: „Die schöne Bergfee hat mich mit einem Gamsböcklein heraufgeschickt und ich wollte, bitt‘ schön, den Herrn König nach dem Fridolin fragen.“ „Der Fridolin ist nicht hier“ sagte der Gletscherkönig. „Ich habe gesehen, wie ihn die Felsenhexe vor sich hergetrieben hat in ihre Felsenhöhle. Nun muß er ihre Ziegen hüten.“ „Ja, wo wohnt denn aber die Felsenhexe,“ fragte Vroni. „Auf der anderen Seite des Berges, am Ende des Gletschers“ gab ihr der König zur Antwort. Das war zuviel für die kleine Vroni. Sie hob ihr zerfetztes Schürzlein hoch und versteckte ihr Gesichtchen darin und schluchzte und weinte, daß es einen Stein hätte erbarmen können. Davon wurden die Bergmännlein so gerührt, daß sie auch alle in Weinen und Schluchzen ausbrachen. Sie hatten wohl noch niemals ein so kleines Dirnlein weinen sehen. Da stand der König auf und sagte zu ihnen: „Nun hört aber auf mit Weinen, bringt lieber dem Dirnlein ein warmes Pelzzeug. Es friert und zittert ja am ganzen Leibe.“ Da liefen die Bergmännlein davon und brachten der Vroni ein Pelzröckchen, Pelzstiefelchen und eine Pudelmütze. Das mußte sie anziehen und nun sah sie selbst aus wie ein Bergmännlein. Der König faßte ihre Hand und sagte: „Nun weine nicht mehr und sorge dich nicht, meine Bergmännlein werden dich im Schlitten bis zum Ende des Gletschers fahren.“ Er führte sie hinaus vor die Halle. Da stand schon ein Schlitten bereit. Zwei Eisfüchse waren davor gespannt. Die blinzelten Vroni listig an und wedelten fröhlich mit ihren dicken, buschigen Schwänzen. Man sah es ihnen richtig an, daß sie sich auf die Fahrt freuten. Vroni stieg in den Schlitten hinein. Zwei Bergmännlein stellten sich hinter sie und zwei hielten die Zügel. Dann ging es los. Wie der Blitz sausten die Füchse über das blauschimmernde Eis an Rissen und Spalten vorbei. Vroni aber zog ihr Pudelmützchen noch fester über die Ohren und dachte, daß so eine Schlittenfahrt doch etwas sehr Schönes sei.

Am Ende des Gletschers stieg sie dann aus. Da strahlte die Sonne warm hernieder und Vroni konnte das Pelzröckchen, Pelzstiefelchen und die Pudelmütze im Schlitten zurücklassen. Die Bergmännlein zeigten ihr die Höhle der Felsenhexe und Vroni stieg auf die Felsplatte hinunter. Die fiel nach allen Seiten steil ab, nur da, wo die Höhle im Felsen war, führte ein Weg hinunter zu grünen Matten. Leise schlich sich Vroni an die Höhle heran und spähte hinunter ins Tal und da sah sie den Fridolin auf einem Stein sitzen und eine kleine Ziegenherde kletterte auf dem Bergabhang herum. Als Vroni den Fridolin erblickte, vergaß sie alle Vorsicht und rief laut seinen Namen. Aber da kam auch schon die alte Felsenhexe aus ihrer Höhle heraus. Keifend und schimpfend wollte sie mit ihrer Rute nach Vroni schlagen. Die läutete aber schnell mit dem Silberglöckchen der Fee und den Berg herauf kamen eine ganze Menge Gamsböcklein angestürmt. Die stellten sich vor Vroni und drängten die alte Hexe hinweg. Hei, wie sie da über die Felsplatte springen mußte. Sie drohte und schimpfte und sprang vor Wut in die Luft. Dabei verlor sie ihre Pantoffeln und die Rute. Aber die Gamsböcklein achteten nicht auf ihr Gezeter und stießen und pufften sie mit ihren Hörnern bis an den Rand der Felsenplatte. Da fiel sie mit einem Schrei hinunter in die Tiefe.

Fridolin aber hatte gehört, daß jemand seinen Namen rief. Er sah die Gamsböcklein auf der Felsplatte herumspringen und kletterte hinauf, um zu sehen was da los sei. Als er aber die Vroni erblickte, wurde er rein närrisch vor Freude. Er lief auf sie zu, umfaßte sie und wirbelte sie im Kreis herum. Da sprangen auch die Gamsböcklein heran und rasten und drehten sich wie toll um die beiden Kinder. Oben über der Felsplatte aber standen noch die Bergmännlein und klatschten vor Freude in die Hände und lachten, daß ihnen die Tränen über die bärtigen Gesichtlein rollten. Nur mit Mühe konnten sie die Füchse zurückhalten. Die hätten gar zu gern den Freudentanz mitgemacht. Auf einmal stürmten die Gamsböcklein auseinander und rannten den Berg hinunter. Da winkten auch die Bergmännlein zum Abschied vom Felsen herab und fuhren mit ihrem Schlitten davon. Da waren die Kinder nun allein auf der Felsplatte und Fridolin erzählte Vroni, was er erlebt hatte.

Als er die Kuh suchte, war ihm auf einmal die Felsenhexe begegnet. „He, du Bürschlein, du kannst mit mir kommen und meine Ziegen hüten,“ sagte sie zu Fridolin. Der wollte davonlaufen, aber die alte Hexe berührte ihn mit ihrer Zauberrute und da mußte Fridolin mit ihr hinaufsteigen in die Felsenhöhle und am Tag mußte er die Ziegen der Hexe hüten. Da hatte er versucht, zu entfliehen, aber die alte, böse Hexe hatte mit ihrer Rute einen Zauberkreis um den Berg gezogen und da kam Fridolin nicht darüber hinweg.

Als Fridolin seine Erzählung beendet hatte, fiel es der Vroni ein, daß sie heute noch gar nichts gegessen hatte, denn das Stücklein Brot, welches sie mitgenommen, war unterwegs verlorengegangen. Auch Fridolin war hungrig und sie gingen in die Höhle und aßen und tranken und knabberten, was sie da fanden. Nüsse und Honig und Milch und Käse. Dann traten sie den Heimweg an und wollten auch die Ziegen mitnehmen. Doch es war schwer, den richtigen Pfad zu finden. Da läutete Vroni noch einmal mit dem Silberglöckchen und ein buntes Voglein kam angeflogen. „Folget mir nach, ich werde euch den richtigen Weg zeigen,“ zwitscherte es. Und es flog von einem Stein und von einem Strauch zum anderen. Da waren die Kinder froh und folgten ihm nach. Plötzlich sagte Fridolin: „Jetzt weiß ich, wo wir sind, hab‘ Dank, du liebes Vöglein.“ Da flog das Vöglein zwitschernd davon.

Fridolin aber schickte einen lauten Jauchzer in die Berge und auf einmal hörten die Kinder einen Ruf aus der Ferne. Als sie noch ein Stück weitergelaufen waren, sahen sie den Achenhofbauern mit Jürgen, dem Großknecht, daherkommen. Sie hatten sich von der Alm aus aufgemacht, die Kinder zu suchen. Da war die Freude groß. Der Achenhofbauer drückte seinen Buben fest ans Herz und Jürgen nahm sein Dirnlein auf den Arm und ließ es nicht wieder herunter. Er hatte wohl bemerkt, wie sauer der kleinen Vroni das letzte Stücklein Weg wurde. Vor der Sennhütte standen Tobias, Kathrin und der Hütebub. Als Vroni den Tobias sah, sprang sie von ihres Vaters Arm herunter und sagte zu dem alten Senn: „Der Gletscherkönig hat aber nicht mit Eisstücken nach mir geworfen.“

Dann saßen sie alle vor der Sennhütte und Vroni erzählte ihr Abenteuer. Als sie geendet hatte, stand dem Tobias, der Kathrin und dem Seppl der Mund weit offen vor Staunen. Der Achenhofbauer aber nahm Vronis Hand und sagte: „Das vergess‘ ich dir nimmer, Dirnlein.“

Jahre sind darüber vergangen und Vroni ist Fridolins glückliche Frau geworden und sie hat als Bäuerin geschaltet und gewaltet. Zwei herzige Dirnlein und zwei rotbackige Buben hat sie dem Fridolin geschenkt und wenn die Kinder einmal gar so laut durch das Haus tollten und lärmten, dann holte Vroni das Silberglöckchen aus dem Glasschrank und läutete damit. Da kamen sie alle so schnell angesprungen, wie einstmals die Gamsböcklein und sie wurden mäuschenstill, denn die Mutter setzte sich nieder und erzählte, wie sie einst als kleines Dirnlein den Vater gesucht hatte. Und wie die wunderschöne Bergfee und der alte Gletscherkönig ihr geholfen hatten, den Vater aus dem Zauberkreis der alten bösen Felsenhexe zu befreien.

Überarbeitet von Monika Friedmann, Weitere Informationen auf Urlaubsspass, Kontakt

Tags: