Haupt-Sache 20.10.22-30.4.23

Haupt-Sache 20.10.22-30.4.23
Damenhut Irene van Vugt, Utrecht, 2019 Leder, Sinamaygewebe © Irene van Vugt

Hüte, Hauben, Hip-Hop-Caps

20.10.22–30.04.23 Bayerisches Nationalmuseum

Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft von Gloria Thurn und Taxis.
 

 

Kopfbedeckungen waren seit jeher ein wichtiges Element der Selbstdarstellung. Gerade mit diesem besonderen Accessoire gelang und gelingt es Menschen aller Altersgruppen quer durch die Gesellschaft, dem eigenen Auftritt eine besondere Note zu verleihen.

 

Mit rund 250 Hüten, Hauben, Mützen und anderen originalen Kopfbedeckungen aus seinem einzigartigen Bestand gibt das Bayerische Nationalmuseum erstmals einen umfassenden Überblick über die kulturgeschichtliche Entwicklung dieses modischen Zubehörs vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Was dabei sofort ins Auge sticht: Kopfbedeckungen waren und sind Kommunikationsmittel erster Güte. Sie verleihen dem Träger oder der Trägerin Würde und machen Hierarchien sichtbar, können das Gemeinschaftsgefühl stärken, aber auch Distanz schaffen.

 

Aus vielfältigen Perspektiven werden die ständigen Wandlungen der „Hauptsache“ durch die Jahrhunderte beleuchtet. Die Bandbreite der gezeigten Objekte erstreckt sich von prächtigen Mitren über zierliche Frauenhauben, klar strukturierte Männer- und verschwenderisch ausgestattete Frauenhüte bis hin zu aktuellen Designermodellen.

 

weihnachten-0263.gif von 123gif.deNeben der Modegeschichte thematisiert die Ausstellung auch gesellschaftliche und ökonomische Zusammenhänge und geht den unterschiedlichsten Materialien und Herstellungstechniken auf den Grund. Den Menschen „darunter“ kommt man ebenfalls nahe. So besitzt das Bayerische Nationalmuseum etliche Hüte von bayerischen Königen und Königinnen, davon allein über 40 Kopfbedeckungen von Ludwig I. Andere prominente Hüte stammen etwa vom Märchenkönig Ludwig II., von Reichskanzler Otto von Bismarck oder Stephanie von Österreich, der Witwe des so tragisch aus dem Leben geschiedenen Kronprinzen Rudolf.

 

Im Zentrum der großen Ausstellung stehen die historischen Originale. Sie werden mittels Skulpturen, Porzellanfiguren, Kostümpuppen und Gemälden illustriert. Die Vergleiche zeigen, wie die Hüte, Hauben, Kappen, Schleier, Kränze und Mützen vom 16. bis ins 19. Jahrhundert getragen wurden.

 

Die Herrenmode des 20. und 21. Jahrhunderts repräsentieren wichtige Huttypen wie Zylinder, Fedora, Trilby, Porkpie, Schiebermütze und Caps. Bedeutende Privatsammlerinnen und Sammler haben ikonische Damenhüte aus den Ateliers von Dior, Pierre Cardin, Yves Saint Laurent, Christian Lacroix und Moschino als Leihgaben zugesagt. Unikate von internationalen Stars wie Philip Treacy, Stephen Jones und Cécile Feilchenfeldt sowie aktuelle Eigenkreationen von Münchner Modistinnen und Hutkünstlerinnen setzen weitere Glanzpunkte.

 

Die Schirmherrschaft für das Ausstellungsprojekt hat Fürstin Gloria von Thurn und Taxis übernommen und auch zwei originelle Objekte aus Ihrem persönlichen Besitz beigesteuert.

 

Geschichte und Gegenwart werden unter einen Hut gebracht, und es wird deutlich: Kopfbedeckungen fungieren als soziale Marker und modische Statements, bieten eine einzigartige Vielfalt und sind einfach wunderschön!

 

Die Ausstellung wird durch die amerikanische Herrenhut-Marke Stetson großzügig gefördert und mit Leihgaben aus den Firmenarchiven bereichert.

Ein großzügig illustrierter Katalog vom VOLK Verlag in München stellt alle Exponate vor und bereichert die Präsentation mit einer Fülle an zusätzlichen Informationen.

 

Details zur SONDERAUSSTELLUNG

 

 

 

 

Hauptsache
Hüte, Hauben, Hip-Hop-Caps

 

Kopfbedeckungen waren und sind Kommunikationsmittel erster Güte: Sie dienen der Selbstdarstellung, machen Hierarchien sichtbar, können Gruppen vereinen, aber auch voneinander trennen. Das Bayerische Nationalmuseum präsentiert aus seinem reichen Bestand rund 300 Hüte, Hauben, Mützen und vieles mehr. Vom Mittelalter bis in die Gegenwart wird die Kulturgeschichte dieser „Hauptsache“ unter verschiedenen Aspekten beleuchtet. Im Zentrum stehen die historischen Originale, kommentiert und erläutert durch Bildmaterial in verschwenderischer Fülle. Leihgaben für das 20. und 21. Jahrhundert aus bedeutenden Privatsammlungen sowie von aktuellen ModistInnen und Hut-KünstlerInnen ergänzen die Präsentation. Die Sonderausstellung zeigt: Kopfbedeckungen sind modische Statements, von einzigartiger Vielfalt und einfach wunderschön!

 

 

 

Kopfbedeckungen erfüllen unterschiedliche Zwecke: Der Schutz vor Witterung, das „Behüten“, ist eine davon.

Im Zentrum der Ausstellung steht die schmückende Funktion.
Kopfbedeckungen sind wichtige Elemente der Selbstdarstellung. Sie lassen einen Menschen größer und bedeutender erscheinen, dabei bilden Kopf und Gesicht des Trägers den Mittelpunkt.

Nie wirkt ein Hut, eine Haube oder Mütze für sich allein.
Kleidung und Accessoires erschaffen ein modisches Gesamtbild.

Kopfbedeckungen können verschiedene Umrisse haben, entweder passend zum Gewand, oder in völligem Gegensatz.
Sie müssen zwar auf dem Kopf Halt finden, sind aber weitgehend in freier Form zu gestalten.

Die Ausstellung zeigt Kopfbedeckungen für Männer und Frauen vom Mittelalter bis in die Gegenwart aus Europa und Übersee. Leihgaben aus exklusiven Privatsammlungen bereichern den bedeutenden und umfangreichen Bestand des Bayerischen Nationalmuseums.

 

 

Einführung

 

  1. Zeichen von Herrschaft und Rang

Kopfbedeckungen als Kennzeichen der sozialen Abgrenzung gab es sowohl im weltlichen als auch kirchlichen Bereich.
Das Hutabnehmen als Geste zum Gruß spielt hier eine Rolle.

Die Krone entstand in der Antike aus einem einfachen Reif, der zum Lorbeerkranz des Kaisers oder einem Diadem wurde. Ab dem 9. Jahrhundert hatte die Krone zusätzlich zwei Bügel. Eine Weiterentwicklung kurze Zeit später war die Plattenkrone. Eine solche trug der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.

Der mit der Krone eng verwandte Herzogs- oder Kurfürstenhut besaß statt des Kronreifs einen Besatz aus Hermelinpelz und innen eine Mütze, dazu oft noch zwei Kronbügel.

Auch die katholische Kirche kennt Kopfbedeckungen als äußere Zeichen der Rangabstufung ihrer Würdenträger. Bis 1964 trug der Papst die Tiara, seine eigene Krone. Kardinäle zeichnet ein ausladender, scharlachroter Hut aus mit flachem Kopfteil, breiter Krempe und goldener Verzierung.
Eine der ältesten liturgischen Kopfbedeckungen ist die Mitra, die bereits seit dem Hohen Mittelalter verwendet wird. Sie dient Bischöfen und Äbten bei Handlungen im Gottesdienst.

 

  1. Frauenhauben und Schleier

Verheiratete Frauen bedeckten schon in der Antike ihre Haare. Der Brauch setzte sich im Christentum fort. In Ägypten gab es in frühbyzantinischer Zeit reizvolle Haarnetze.
Im Mittelalter benutzten Ehefrauen zum Verhüllen ihrer Haare dichtgewebte Tücher, die „Hauben“ oder „Schleier“ hießen. Heiratete eine Frau, kam sie also „unter die Haube“.
Nonnen trugen als Bräute Christi ebenfalls Schleier. Aus den weltlichen Hauben entwickelten sich um 1470 komplizierte, vielfach um den Kopf gewundene Gebilde, die man sogar mit Polsterungen unterfütterte. Zum Kirchgang war ein Schleier mit fester Kinnbinde Pflicht. Darüber wurde ein zusätzliches, immer größeres Tuch gebreitet, das schließlich als „Sturz“ die weiße Kirchenhaube bildete.

 

Herstellung

 

  1. Die Hutmacherkunst

Die handwerkliche Fertigung eines Filzhutes ist aufwendig.
Dazu wird eine watteartige Schicht aus Tierhaar oder Wolle mit Feuchtigkeit sowie kräftigem Drücken und Reiben verfilzt. Die Fasern verhaken sich ineinander zu einer unlösbaren Masse. Das heiße Walken verleiht dem Filz dann seine Festigkeit. Der Hutmacher bringt diesen glockenförmigen „Stumpen“ mit Hitze, Feuchtigkeit und Kraft in die gewünschte Form.
Nach dem Färben wird der Hut gesteift, gebürstet und gebügelt.

Strohhüte nähte man von Hand aus Flechtborten zusammen, seit dem späten 19. Jahrhundert meist mit der Maschine. Edlere Strohhüte werden vollständig von Hand geflochten.
Einer der berühmtesten und qualitätvollsten ist der Panamahut, der aus Blattfasern einer Palmenart in Ecuador produziert wird.

 

 

 

 

  1. Die Putzmacherkunst

Putzmacherinnen stellen allein Frauenkopfbedeckungen her.
Zwei kreative Vorläuferberufe ebneten ihnen den Weg: Die Haubensteckerin musste stets neue Ausführungen erfinden. Die Galanteriehändlerin verkaufte Modewaren und Zubehör.

Um 1800 förderte die Mode mützenartiger, genähter Stoffhüte die Entwicklung eines eigenen Handwerks: das der Modistin.
Daneben kauften Putzmacherinnen fertige Filz- und Strohhüte, passten sie individuell an und verzierten sie fantasievoll. Oder sie überzogen steife Ausgangsmaterialien mit Gewebe.
Später formten sie Hüte aus Rohlingen von Grund auf selbst und brachten so die Damenhutmode zu großer Blüte.

Zum Garnieren eines Hutes können diverse Materialien dienen: Schleier, Tüll, Spitzen, Bänder, Hutschmuck und vieles mehr. Zwei Kategorien sind hier wesentlich: Kunstblumen und Federn.

Die Beliebtheit exotischer Federn am Ende des 19. Jahrhunderts führte zum Rückgang des Bestandes vieler Vogelarten. Dies bekämpfte seit 1899 erfolgreich der Bund für Vogelschutz, die erste Naturschutzorganisation auf deutschem Boden.

 

16. Jahrhundert

 

  1. Barette, Schlappen, Haarhauben

Um 1500 fand ein grundsätzlicher Wandel in der Mode statt. Frauen trugen nun die gleichen Kopfbedeckungen wie Männer. Das Barett besaß ein flaches Kopfteil und eine breite Krempe. Eine Sonderform war die Schlappe mit anliegendem Nackenteil.

Die edle Haarhaube hatte die Form eines elastischen Netzes. Vermutlich entstand diese Haubenart in Süddeutschland. Sie wurde häufig zusammen mit einem Barett getragen.

Das Bildnis einer Augsburger Patrizierin ist so detailliert gemalt, dass die dargestellte Haube exakt rekonstruiert werden konnte: in der Sprangtechnik, einem Geflecht mit aufgespannten Fäden.

  1. Hüte und Hutschmuck

Seit etwa 1550 war die Spanische Mode das wichtigste Leitbild. Dort entwickelte sich das Barett zu einer eigenständigen Form mit oben abgeflachter Kopfpartie und gerafftem unterem Rand. Später wuchs die weiche Mütze zu einem hohen Zylinder an. Diese Ausführung ahmte man in ganz Europa nach.

Die ebenfalls überall modernen, sehr steifen spanischen Hüte besaßen eine schmale Krempe und ein hohes Kopfteil. Meist bestanden sie aus Filz mit einem Überzug aus Gewebe.

Einfarbige Barette und Hüte boten den idealen Anbringungsort für Schmuck wie Metalldekorationen, Edelsteine oder Perlen. Sehr beliebt waren Zierspangen, die sogenannten Agraffen. Auch aufwendige Hutbänder gehörten zur Ausstattung.

 

  1. Hauben

Ab etwa 1545/50 trugen allein diejenigen Frauen Haarhauben, die adelig oder patrizisch waren, doch nicht mehr die Männer. Dabei ersetzte die Knüpftechnik zunehmend die Sprangarbeit. Oft zierten Metallplättchen, die „Flinder“, solche Hauben.

Bürgerfrauen blieben bei der konservativen Leinenhaube. In vornehmster Ausführung bestand sie aus dünnem Gewebe, unter dem eine Zierborte oder eine Spitzenhaube zu sehen war.
Ein sehr seltenes Original aus dem Bestand des Museums zeigt die Beschaffenheit einer solchen zierlichen Haube.

 

17. Jahrhundert

  1. Hüte

Ab etwa 1630 bestimmte Frankreich die Mode in ganz Europa.
Aus dem spanischen Hut war um 1600 ein Modell geworden, das ein hohes Kopfteil und eine mäßig breite Krempe besaß. Sie wurde breiter, die Höhe des Kopfes nahm dagegen ab.

Daraus entstand der typische Soldatenhut der Zeit um 1620/50. Solche Schlapphüte mit aufgeschlagener Krempe und Federn prägten während des Dreißigjährigen Krieges das Alltagsleben.
Auch Frauen trugen sie häufig zu dieser Zeit.

Gleichzeitig blieben die Huttypen mit hohem Kopfteil in Mode, nun aber mit breiterer Krempe als zuvor.
Ähnlich hohe Hüte mit kegelförmig zugespitztem Kopfteil trugen einfache Handwerker und Bauern noch lange Zeit.

  1. Hauben

Anfang des 17. Jahrhunderts trugen Frauen oft Leinenhauben. Danach ließ die französische Mode die Haare völlig unbedeckt.

Daneben existierte in Süddeutschland eine Haube für zuhause, die am Kopf anlag, den Haarknoten hinten aber frei ließ. Zunächst lag sie in einem glatten Bogen über der Stirn
und bekam dann in der Mitte eine dreieckige Schneppe.

In Frankreich brachten die 1670er-Jahre die Hauben zurück. Die Damen trugen nun mehrlagige Spitzenhauben.
Um 1685 kam die „Fontange“ mit hochstehenden Rüschen auf. Sie wurde nach einer Mätresse von König Ludwig XIV. benannt. Die immer höhere Haube musste schließlich gestützt werden, und zwar durch ein Drahtgestell, die „Commode“.

Um 1691/92 wuchs die Fontange noch mehr in die Höhe, die Rüschen fielen aber schmaler und später abgestuft aus. Seit 1708 wurde die nun niedrigere Fontange runder.
1713 endete die Mode der extravaganten Hauben in Versailles und im Laufe der folgenden Jahre auch überall sonst in Europa.

 

18. Jahrhundert

 

  1. Männerhüte

Der Dreispitz galt im 18. Jahrhundert als Männerhut schlechthin. Größe und Umriss änderten sich dabei modebedingt ständig. Für das Tragen gab es keine festen Regeln: Die vordere Spitze konnte mittig oder seitlich sitzen. Gelegentlich drehte man auch eine Breitseite nach vorn. In den höheren Ständen wurde der Dreispitz jedoch häufig in der Hand getragen oder unter den Arm geklemmt.
So schützte man die aufwendig weiß gepuderten Perücken. Auch im Militär herrschte der Dreispitz als Huttyp vor.
Frauen trugen solche Hüte als Teil ihrer Reit- oder Jagdkleidung.

In den Städten spielten Amtstrachten eine große Rolle.
Dazu gehörten steife Hüte nach der Art des 17. Jahrhunderts.

 

  1. Hausmützen

Im Haus konnte der Herr nicht nur nachts, sondern auch am Tag einen langen, weiten, prächtigen Schlaf- oder Hausrock anlegen. Trug er keine Perücke, setzte er eine schön verzierte Mütze auf. Es war üblich, in solcher Kleidung Besucher zu empfangen oder sich darin porträtieren zu lassen.

Hausmützen besaßen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine hohe und ausladende Form,
später waren sie niedriger mit anliegendem Rand.

 

  1. Hüte zur Kostümierung

Der Barock war die große Zeit des Theaters und höfischer Feste mit prächtigen Kostümen und aufwendigen Kopfbedeckungen. Denn sich zu verkleiden und in eine andere Rolle zu schlüpfen, ermöglichte die immer wieder neue Selbstdarstellung.

Maskenbälle waren gesellschaftliche Höhepunkte des Jahres, zu wichtigen Ereignissen fanden prunkvolle Festumzüge statt.

Im Theater und der Oper gab es festgelegte Gewandtypen. Eines der wichtigsten Kostüme für männliche Hauptakteure als antike Helden oder Götter war der „Habit à la romaine“, das römische Gewand mit helmartigem Hut und Federschmuck.

Die Kirche kannte Theateraufführungen als geistliche Spiele. Parallel dazu existierten weihnachtliche Krippenspiele. Hier trugen nicht nur römische Soldaten, sondern auch Engel häufig den beliebten Habit à la romaine.

Feierliche Prozessionen gehören zu kirchlichen Festen. Mitwirkende Laien trugen oft rollentypische Kopfbedeckungen, die denen im weltlichen Barocktheater gleichen.

 

  1. Hauben

Nachdem die hochbarocke Fontange um 1715/20 abgelegt war, kamen mit dem Rokoko kleinere Spitzenhauben in Mode. Um sie aus mehreren Teilen zu stecken und zusammenzunähen, benötigte man einen Haubenstock in Form einer Holzbüste. Als solide Basis diente ein leicht gepolstertes Stepphäubchen, das mit einem Band auf dem Haubenstock befestigt wurde.

Daneben gab es einfachere kleine, anliegende Stoffhauben, zudem als Sonderformen fantasievolle Zierhäubchen.

 

  1. Frauenhüte

Im 18. Jahrhundert kamen Frauenhüte ganz eigener Form auf. Seit den 1730er-Jahren waren in England Strohhüte beliebt. Anfangs waren diese Strohhüte eher noch einfach gestaltet.

Um 1760 wurden sie üppiger und saßen dann nach vorn gekippt auf den in die Höhe wachsenden Frisuren der Damen. Reisende bemerkten, solche Hüte wären typisch für England und würden dort von Frauen aller Klassen getragen. Bald verbreitete sich diese Mode auch auf dem Kontinent.

 

  1. Städtische Hauben des 17. und 18. Jahrhunderts

Seit etwa 1640 entstand eine eigene Kleidung für Patrizierinnen. Sie war prächtig gestaltet und drückte Altehrwürdigkeit aus.
Zudem hatte jeder Stand seine eigenen Gewänder und Hauben.

Aus den unter kleinen Baretten getragenen Hauben mit Flindern entstanden extrem ausladende Gebilde, vor allem in Nürnberg.
Ihre Herstellungstechnik konnte erstmals rekonstruiert werden.

Auch andere süddeutsche Städte kannten eigene Haubentypen. In Augsburg gab es „gestrickte Hauben“ aus zartem Filetnetz über Visierhauben mit Drahtspitzen an Stirn und Schläfen.
Sie gingen auf die früheren im Haus getragenen Hauben zurück.

Die Hauben der Katholikinnen in Bayern waren meist schwarz: Auf einer Visierhaube ragte eine Rüschenverzierung nach oben, die je nach Stadt oder Region leicht unterschiedlich ausfiel.

Auch die Bodenhaube mit Nackenschleife war weit verbreitet. Für Festtage gab es perlengeschmückte Krönchen oder Kranl. Bei Mädchen und unverheirateten Frauen war es reifförmig, bei den Verheirateten oben geschlossen.

 

19. Jahrhundert

  1. Städtische und ländliche Hauben aus Bayern

Um 1800 waren die alten Kleidervorschriften nicht mehr gültig. Die Bevölkerung durfte nun alle Materialien verwenden und schwelgte in bunten Seidengeweben und Metallspitzen.
Aus den traditionellen Hauben der reichen Bürgerinnen entwickelten sich im städtischen Handwerkerstand neue Typen. Diese übernahm man in den ländlichen Regionen.

So ging die Münchner Riegelhaube aus der Bodenhaube hervor. In diesem Fall verringerte sich die Größe der Kopfbedeckung. Dagegen entstanden nach 1800 in anderen Regionen Hauben, die sehr groß, ausladend und aufwendig verziert waren.

  1. Modische Herrenkopfbedeckungen 1800–1920

König Ludwig I. von Bayern hinterließ bei seinem Tod 1868 dem Bayerischen Nationalmuseum etwa 45 Kopfbedeckungen. Damit lässt sich die Entwicklung der Herrenhutmode in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nachvollziehen.

Um 1800 saß der große Zweispitz längs oder quer auf dem Kopf. Danach wurde der Zylinder zum Modehut bis 1850.
Daneben trug man gern Barett-Kappen oder Schirmmützen.

In der zweiten Jahrhunderthälfte entstanden andere Huttypen: niedrig mit schmalem Rand oder breitkrempig als Schlapphut. Aus England kam die Mode des Steifhutes, der „Melone“.
Eine weitere Art war der „Porkpie“ mit Tellerbeule im Kopfteil. Im Sommer trug man einen flachen Strohhut, den „Canotier“, der in Deutschland auch „Kreissäge“ heißt.

Der Zylinder wurde nun zum ehrbaren Hut der höheren Klassen. Eine festliche Variante war der klappbare „Chapeau Claque“.

 

  1. Hüte am bayerischen Königshof

Die Jagd spielte als Vorrecht der Herrscher eine große Rolle. 1809 veranstaltete Kaiser Napoleon I. eine besondere Jagd.
Zu diesem Ereignis trug Kronprinz Ludwig eine Jagduniform, deren Hut wie der Zweispitz Napoleons gestaltet war.

Maximilian II., der Sohn und ab 1848 Nachfolger König Ludwigs, liebte das Jagen und trug dazu ebenfalls einen bestimmten Hut.
Auch Prinzregent Luitpold war ein leidenschaftlicher Jäger.

Vor allem die Münchner Residenz bot zahlreiche Anlässe, die jeweils besondere Kopfbedeckungen erforderten.
Das Reichsheroldsbarett wurde über 30 Jahre lang getragen. Auch Angehörige weltlicher Ritterorden hatten eigene Hüte.

 

  1. Ländliche Hüte aus Bayern

Die Hutmode abseits der großen Städte folgte eigenen Regeln. Sie nahm zwar die aktuellen Strömungen zum Vorbild, kannte aber spezielle Varianten und zeitliche Verzögerungen. Ländliche Männer- und Frauenhüte sahen sehr ähnlich aus.
Diese Tradition ging auf das 17. Jahrhundert zurück.

In Schwaben und Franken war immer noch der Dreispitz beliebt, in Oberbayern gab es andere Huttypen, meist mit hohem Kopf, nach dem Vorbild der modischen Herrenzylinderhüte.

König Maximilian II. förderte die Erforschung der Volkskultur.
In der Folge entstand um 1850 eine regelrechte Trachtenmode, beliebt bei den Damen der höchsten Gesellschaftsschichten.

Außerdem entdeckten die Bürger die „Sommerfrische“ für sich und verbrachten die warmen Tage im Alpen- und Voralpenland. Dabei trugen sie die vor Ort gebräuchlichen Hüte.
Ab dem späten 19. Jahrhundert entstanden Trachtenvereine, die ebenfalls zur Verbreitung ländlicher Hutarten beitrugen.

 

  1. Hauben

Um 1795 begeisterten sich die Damen für die Antikenmode. Zu fließenden Gewändern trugen sie zarte, weiße Hauben. Auch Haarnetze nach altrömischen Vorbildern kamen auf.

Seit etwa 1820 wurden die Röcke und Ärmel der Kleider weiter. Folglich nahm auch das Volumen der Biedermeierhaube zu.
Die typische Frisur mit Lockenbündeln an den Schläfen verlieh dem Rüschenrand der Haube eine Herzform.

Mit den schlichteren Haarmoden der späten 1830er-Jahre wurden die Hauben wieder kleiner und rutschten nach hinten. Später lag ein haubenartiges Kopftuch nur noch lose auf.

Ab 1865 saß ein Haarknoten hoch oben auf dem Kopf. Die nun vorn getragenen Häubchen fielen bescheidener aus.
Bis um 1870 trugen auch ledige Frauen noch häufig Hauben, später allein die älteren Damen.

 

  1. Modische Frauenhüte 1800–1920

Zur fließenden Silhouette um 1800 kamen kleine Stoffhüte auf, die einen vorn abstehenden Schirm hatten. Besaßen sie ein weiches Kopfteil, sprach man von der „Capote“.

Um 1820 trugen die Damen malerische Hüte mit Federn. Danach wurden die Krempen vorn weiter, die Kopfteile höher. Im Sommer waren breitkrempige Florentinerhüte sehr beliebt. Ab 1830 saß die Hutkrempe hinten und seitlich eng am Kopf, vorn ragte sie weit nach oben, besonders extrem um 1836.

1840 verschmolzen Kopfteil und Hutrand zu einer geraden Linie. In der Folgezeit schrumpften die Krempen immer weiter, und in den 1860er-Jahren wurden die Damenhüte winzig.

Anfang der 1880er-Jahre kam eine kleine Kopfbedeckung auf, die wegen des flachen weichen Kopfteils nun „Capotehut“ hieß. In den 1890er-Jahren hatten Hüte wieder breitere Krempen.

Um 1900 wurden die üppigen Hüte verwegen zur Seite gekippt. Sie wuchsen bis 1910 zu wahrhaft riesigen Gebilden heran.
Doch schon bald folgten wieder kleine, praktischere Huttypen.

 

  1. Hutnadeln

Lange Nadeln mit Zierköpfen hielten Damenhüte auf der Frisur. Die große Epoche der Hutnadeln lag zwischen 1890 und 1920. Denn erst nachdem die Kopfteile der Hüte sehr flach waren
und man die Krempen in malerischen Schwüngen gestaltete, wurden lange Hutnadeln zu dringend nötigen Accessoires. In den voluminösen Frisuren ließen sich die Nadeln gut fixieren. So konnte der Hut ganz schräg auf dem Kopf sitzen, ohne die Trägerin in Angst vor einem Windstoß zu versetzen. Die teils recht großen Nadelköpfe des funktionalen Schmucks boten Gelegenheit für die fantasievollsten Verzierungen. Mit wachsender Größe der Hüte wurden die Hutnadeln länger und ragten oft mit der Spitze heraus. Gegen diese scharfen Enden wurden Schutzkappen erfunden.

In den 1920er-Jahren lagen die Damenhüte eng am Kopf an, Hutnadeln zur Befestigung waren nicht mehr notwendig. Nun dienten sie hauptsächlich der Verzierung.

 

20. Jahrhundert

 

  1. Modische Herrenkopfbedeckungen 1920–1960

Der moderne Herrenhut der 1920er-Jahre war der „Fedora“. Sein hohes Kopfteil hatte eine tiefe Beule sowie seitliche Kniffe, in die man beim Auf- und Absetzen des Hutes hineingreift.
Die nun breite Krempe wurde außen aufgebogen.

Um 1930 erhielt der Hut die klassische, bis heute übliche Form: zwei vordere Kniffe und Längs- oder Triangelbeule im Kopfteil, die vorn abwärts gebogene und hinten hochgestellte Krempe.

Das Aussehen des beliebten „Trilby“ glich dem Fedorahut. Er war aber flacher und besaß eine schmalere Krempe.

Auch sportliche Schirmmützen waren zu dieser Zeit gefragt.

Im Zweiten Weltkrieg herrschte in Europa Rohstoffmangel. Auch Paris und London waren vom Rest der Welt abgeschnitten. So wurde Amerika zum modischen Trendsetter und übte nach dem Krieg international großen Einfluss aus.

Cowboyhüte wurden in Deutschland nur von wenigen getragen, doch der konservative Trachtenhut war nach wie vor populär.
Die 1950er-Jahre sahen auch wieder Fedora, Trilby und Porkpie.
Als Freizeitkopfbedeckung schätzte man die Baskenmütze.

 

  1. Modische Herrenkopfbedeckungen 1960–2000

Ab 1960/65 ging die Nachfrage nach Hüten drastisch zurück. Obwohl sich Fedora, Trilby und Porkpie immer noch hielten, gehörten sie nicht mehr unbedingt zur modischen Ausstattung.

Es gab jedoch neue modische Impulse aus Paris, die Ideen der Designer Pierre Cardin und André Courrèges.
Ihr innovativer, reduzierter Stil beeinflusste auch die Hutmode.

Um 1970 hatten Hüte hohe Kopfteile und breite Krempen.
Ab den 1980er-Jahren wurde Sportkleidung zum Trendsetter. Die Baseball-Cap aus den USA erlangte Kultstatus, nicht zuletzt durch die Verbreitung von Rap und Hip-Hop-Musik.

Mit dem Film „Indiana Jones“ kam der Fedora wieder in Mode.
Er passte gut zur eleganten Kleidung der Yuppies, der Young Urban Professionals.

Die Hüte der 1990er-Jahre gaben sich oft sehr farbenfroh und entsprachen damit dem Modestil der Zeit.

 

  1. Modische Damenkopfbedeckungen 1920–1960

Eine modische Revolution der 1920er-Jahre war der Glockenhut mit einfachem, klarem Umriss, der den Kopf eng umschloss.

Die größte Vielfalt an Damenhüten gab es in den 1930er-Jahren: flach, rund, oval oder spitz, von winzig klein bis wagenradgroß. Darauf platzierte man die unterschiedlichsten Garnierungen. Die Kunst der Putzmacherinnen konnte sich hier voll entfalten.

Im Zweiten Weltkrieg beherrschte der Turban das Alltagsbild, danach sah man wieder fantasievolle Modelle in allen Größen. Obwohl die Pariser Modistinnen international führend waren, nahm die Bedeutung der Konkurrenz aus New York stetig zu.

In den 1950er-Jahren legte die Dame nochmals großen Wert auf das Zusammenspiel des Kleides mit passenden Accessoires wie Schuhen, Handschuhen, einer Tasche und einem Hut.

 

  1. Modische Damenkopfbedeckungen 1960–2000

Um 1960 wollten moderne Frauen keine Hüte mehr tragen. Wirklich neu und aufregend waren jetzt die hohen Frisuren. Zudem wurde das Autofahren auch für Frauen zum Standard, und dabei störten Hüte ungemein.

Die innovativen Kreationen von Courrèges und Cardin in Paris hatten auch Auswirkungen auf die Damenhutmode.
Dennoch war die große Hutkrise nicht aufzuhalten.

In den 1970er-Jahren waren Hüte kein großes Thema mehr.
Sie verschwanden aber trotzdem nie ganz aus dem Straßenbild. Im Sommer sah man elegante Strohhüte mit breiten Krempen, die den Retro- oder Nostalgietrend aufgriffen.

Prinzessin Diana brachte als meistfotografierte Frau ihrer Zeit Hüte Anfang der 1980er-Jahre wieder in Mode.
Dieser Boom hielt auch noch in den 1990er-Jahren an, obwohl frühere Verkaufszahlen nie mehr erreicht wurden.

21. Jahrhundert

 

  1. Modische Kopfbedeckungen 2000–2020

Klassische Herrenmodelle wie Fedora, Trilby und Porkpie kommen nie ganz aus der Mode, doch treten Variationen hinzu. Nicht nur Herren mittleren Alters, sondern auch junge Männer tragen zunehmend Hüte, die ihnen Individualität verleihen. Ebenso spielen Schirmmützen modisch wieder eine große Rolle.
Seit 2009 setzen die MyBoshi-Mützen einen frischen Trend.

Um das Jahr 2000 kam eine neue Art Damenkopfbedeckung auf: der „Fascinator“, ein meist üppig dekorierter, pfiffiger Kopfputz. Aber auch große elegante Damenhüte sind immer noch gefragt.

Der Klimawandel befördert das Tragen von Kopfbedeckungen als Sonnenschutz bei Menschen aller Altersklassen.

  1. Aktuelle modische Kopfbedeckungen

Heute liegen Kopfbedeckungen wieder voll im Trend. Soziale Medien stärken das Bedürfnis nach Selbstdarstellung. Ein Hut oder eine Mütze kann hier wunderbare Dienste leisten.
Baseball- oder Hip-Hop-Caps gehören zur beliebten Streetwear, und neben gängigen Huttypen kommen ganz neue Formen auf. Ob schlicht oder schrill, konservativ oder künstlerisch:
Jede Frau und jeder Mann findet für sich das passende Modell.

 

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