Geschichte: Afrika, Ottos Berg

Geschichte: Afrika, Ottos Berg
2010 VAT Verlag André Thiele
Mathias Ullmann

Ottos Berg

Roman
284 S., 14,90 €, Klappenbroschur, ISBN 978-3-940884-28-2

Die westafrikanische Goldküste am Ende des 17. Jahrhunderts. Das Fürstentum Brandenburg möchte am profitablen Handel mit Edelmetallen teilhaben. Man entsendet Otto Friedrich von der Groeben, der die Festung Großfriedrichsburg gründet. 30 Jahre bleiben die Preußen. Drei Menschen führen nacheinander durch diese Zeit: von der Groeben, der Holländer Willem Bosman und schließlich der Afrikaner Jan Conny. Eine turbulente Geschichte von Sklaverei und Liebe, Brutalität und Zärtlichkeit, von Vorurteilen und von den Wurzeln der deutschafrikanischen Geschichte und Gegenwart, zuverlässig recherchiert und spannend erzählt.

Der Autor
Mathias Ullmann wurde 1960 in Halle/Saale geboren und wuchs in Leipzig auf. Von 1981 bis 1986 studierte er Afrikanistik und Geschichte, 1989 wurde er promoviert. Später folgten Forschungsaufenthalte in Südafrika, Lesotho, Ghana, Polen, den Niederlanden und Frankreich. Mathias Ullmann arbeitet seit 2005 freiberuflich als Historiker und lebt mit seiner Familie in Dresden. Er hat mehrere Romane veröffentlicht, so 2009 im VAT Verlag André Thiele zwei Thriller um den Dresdner Freiberufler Robert Hartmann.

Hintergrundinformationen
Die Festung Großfriedrichsburg ist heute eine Jugendherberge in Princes Town, Ghana, dem alten Pokosoe. Der promovierte Historiker und Afrikanist Mathias Ullmann hat die Originalunterlagen zur Festung und den handelnden Personen wissenschaftlich solide erarbeitet. Auf mehreren Forschungsreisen hat er sich mit seinem Thema gründlich vertraut gemacht.

Der Roman nimmt weder die Position der Opfer ein noch die der Sklavenbesitzer, sondern beschreibt das System der Sklaverei aus der Perspektive der europäischen und der afrikanischen Zwischenhändler. Dabei moralisiert er nicht, indem er die Sklaven als holzschnittartig gut und die Profiteure der Sklaverei als plakativ schlecht schildert, sondern er beschreibt die Ereignisse ohne jede Rücksicht auf die persönlichen Überzeugungen der Handelnden. Dadurch werden viele Menschen scheinbar sympathisch, denen keine Sympathie gelten »sollte«, wobei der Roman auch keinen Moment darüber hinwegtäuscht, welchem System sie dienen und vor welchem Hintergrund damit diese »Sympathie« steht.

Mathias Ullmann gelingt es, weder die Sklaverei zu romantisieren noch deren Vertreter zu verteufeln. Er erzählt die Geschichte, wie sie die Akteure erlebt haben dürften: als einen Zusammenhang von vorgegebenen Notwendigkeiten, in dem sie handeln müssen. Die grauenhaften Folgen der Sklaverei für den Kontinent sind immer präsent, aber auch die Konsequenzen für die Psyche und die Moral der am Sklavenhandel Beteiligten werden offenbar – und immer wieder wird vom kleinen und großen Widerstand erzählt, der unerwartet aufflammt. Ullmann fasst dabei etliche heiße Eisen an: Die Rolle der schwarzen Frauen als Konkubinen
der Kolonialherren, die Beteiligung von Arabern an der Versklavung afrikanischer Völker und die Stellung von Afrikanern im System des Menschenhandels. Dabei provoziert der Roman nicht scheinheilig »radikal neue« Sichtweisen, sondern macht den Zusammenhang der vielen Elemente dieser Epoche für uns heute anschaulich.

Streit um Otto von der Groeben
Die Themen »Großfriedrichsburg« bzw. »Otto Friedrich von der Groeben« sind in der Öffentlichkeit bekannt und umstritten. Im Frühjahr 2010 wurde das nach Otto Friedrich von der Groeben benannte Gröbenufer in Berlin in May-Ayim-Ufer umbenannt. Der bekannte Historiker Götz Aly meldete sich daraufhin im Tagesspiegel zu Wort und verurteilte die Umbenennung mit scharfen Worten (ders.,»Straßenschänder in Kreuzberg«; a.a.O. v. 2.2.2010, im Internet verfügbar). Daraufhin brach ein Sturm der Entrüstung gegen Alys Position los, der sich in Artikeln, Massen-Leserbriefen und Blogeinträgen mit teilweise sehr scharfen Worten Bahn brach. (Beispielsweise http://blog.derbraunemob.info/2010/02/03/stimmen-zu-hetzartikel-gegen-may-ayim-ufer/) Dabei hatte schon im Juni im »Neuen Deutschland« ein Kenner der Geschichte Großfriedrichsburgs, Prof. Dr. Ulrich van der Heyden, die Behauptung, Otto Friedrich von der Groeben sei selbst Sklavenhändler gewesen, solide widerlegt und die Proteste gegen den Namen Gröbenufer damit relativiert (ders., »Gröblicher Rufmord an von der Gröben. Wie eine Straßenumbenennung in Berlin politisch, aber nicht historisch korrekt erfolgte«; a.a.O. v. 13.6.2009, im Internet verfügbar).

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