Friedhof Père Lachaise in Paris
Bei Abälard und Heloise
Pére de la Chaise (1624-1709) war Jesuit und Beichtvater von Ludwig XIV. Er hatte vom König ein sanfthügeliges Gelände geschenkt bekom-men, das später Alexandre Brongniart zu einem romantischen Park gestaltete, auf dem ein Grä-berfeld entstehen konnte. Denn im 18. Jhdt waren die vielen kleinen Bezirks-Friedhöfe von Paris überbelegt. Man mußte im Osten am Stadtrand eine Lösung finden. Aber anfangs wollte niemand dort bestattet werden. Die Stadt griff zu einem Trick: Sie verlegte die Sarkophage ihrer großen Literaten Molière, Lafontaine und Beaumarchais in das Areal. 1804 wurde es eröffnet. Und fortan galt es als attraktiv, auf dem neuen Modellfriedhof zur letzten Ruhe zu kommen.
Auch das mittelalterliche Liebespaar Abälard und Héloise wurde im verfallenen Kloster Paraclet bei Nogent-sur-Seine exhumiert. Man brachte ihre Gebeine nach Paris und baute ihnen eine neugo-tische Maßwerk-Kapelle. Und sofort wurde das liegende Paar mit fromm gefalteten Händen zur Wallfahrtsstätte für verliebte Pärchen, die dort Blumen und Briefchen niederlegen.
Pierre Abälard hatte sich als Student der Philoso-phie und Theologie mit dem griechischen Denker Aristoteles beschäftigt. Es war die Zeit der auf-kommenden Scholastik. Abälard erhielt mit 35 Jahren einen Lehrstuhl in Paris für Logik und Dia-lektik. Bald wurde er durch seine Schriften in ganz Europa bekannt. Nach seiner Meinung konnte der Mensch durch eigene Vernunft zur Erkenntnis Gottes kommen und zum Glauben finden. Die Kirche war damals anderer Meinung.
1117 trat Domherr Fulbert von der Kathedrale Notre-Dame de Paris an ihn heran und bot ihm eine Anstellung als Hauslehrer für sein Mündel Héloise an, die als Vollwaise in seine Obhut ge-kommen war. Das Mädchen war erst 16 Jahre jung, sah gut aus und hatte vielerlei Interessen.
Die beiden gingen nach kurzer Zeit eine leiden-schaftliche aber verheimlichte Liebesbeziehung ein. Nach einiger Zeit wurde die Affäre bekannt. Héloise wurde schwanger. Abälard ließ sie in sei-nen Heimatort Le Pallet bringen, wo sie entbinden konnte. Ihr Sohn Astralabius mußte bei ihrer Schwester bleiben. Zurück in Paris wurde Heloise mit ihrem Geliebten vermählt, wodurch die Nie-derkunft nachträglich legitimiert war und ein Skandal vermieden wurde. Doch der auf Rache sinnende Onkel organisierte ein Attentat auf Abä-lard. Zwei Kriminelle überfielen ihn nachts und kastrierten den Wehrlosen brutalst. Er überlebte schwer verletzt und fand Schutz im Kloster Saint Denis.
Fortan begann auch Bernhard von Clairvaux ihn und seine Schriften zu kritisieren. Der strenge Zis-terzienser sorgte dafür, dass Abälard auf dem Konzil von Sens 1141 der Häresie (Ketzerei) be-zichtigt wurde. Von nun an wurden von Kloster-brüdern sogar Mordanschläge auf Abälard verübt. Zum Schweigen wurde er verurteilt und seine Schriften verbrannt. Papst Innozenz II. sprach so-gar den Bann aus. Ein Jahr später starb Abälard.
Heloise verbrachte den Rest ihres Lebens in Klös-tern. Bei den Benediktinerinnen von Paraclet stieg sie sogar zur Äbtissin auf. Ihre Geschichte ging in die Literatur der Romantik ein. Auf dem Friedhof Père Lachaise ist sie mit ihrem Geliebten vereint.