23.01.18 Alexis Dworsky

23.01.18 Alexis Dworsky

Alexis Dworsky – Urban Playground

Foto: Posturbane Kapriolen mit Alexis Dworsky. Foto: DworskyZweiter Preisträger von zwei:eins (MaximiliansForum München  23.01.18, 19h bis 18.2.18)
Programm
Begrüßung: Diana Ebster (Kulturreferat) und Frank Enzmann (SoNet; Kunstpreis zwei:eins) – – – der Parkour-Trainer Andreas Ruby zeigt, was man mit einer Ausstellung aus sportlicher Perspektive bewegen kann – – – Selected Urban Soundscapes, Fieldrecording-Performance von Daniel Door (Schamoni Musik, München) und Daniel Kalafata-Müller (dkmnews, Berlin)
Kunstunterführung wird zum Sportraum
zwei:eins – Der Münchner Preis für Kunst wurde 2016 zum zweiten Mal  vergeben: an den Konzeptkünstler Alexis Dworsky. Prämiert wurde damals seine Projektidee – jetzt zeigt Dworsky die Realisierung gemeinsam mit seinem Kooperationspartner, dem Parkour-Sportler Andreas Ruby im MaximiliansForum: „Urban Playground“ verwandelt die öffentliche Unterführung mit dem städtischen Kunstraum in ein Spielfeld samt Ausstellung. Foto: Posturbane Kapriolen mit Alexis Dworsky. Foto: Dworsky
Alexis Dworsky und Andreas Ruby: wie Performance und Parkour-Sport eins werden
Wie lässt sich die zunehmende Entfremdung der Stadtbewohner von ihrem urbanen Umfeld überwinden? Gemeinsam mit dem Parkour-Trainer Andreas Ruby deutete Alexis Dworsky sein ursprüngliches Konzept um, für das er mit dem interdisziplinären Kunstpreis zwei:eins ausgezeichnet wurde: Aus „Urban Trimm dich“ mit konkreten Turnanleitungen für draußen wurde „Urban Playground“ im MaximiliansForum. Die Unterführung verwandelt Dworsky in ein Sportgelände – Mitmachen erwünscht. Besucher suchen dabei vergeblich nach Schildern, Anweisungen oder einer Reihenfolge wie beim klassischen Trimm-Dich-Pfad, erhalten stattdessen Anregungen für ein freies Training. Dworsky: „Wir schaffen Frei-Räume und geben Besuchern gerade dadurch die Möglichkeit, aktiv zu werden.“
Impulsgeber für die körperliche Ertüchtigung sind Elemente aus dem öffentlichen Raum wie Parkbänke und Streukästen; abgeklebte Linien für Spielfelder oder Wurfkörbe formieren sich zu einem Mix aus Basketball oder Fußballfeld. Die Markierungen gehen konkret auf den Ort ein, indem sie Vorgefundenes wie die markanten Straßenlampen oder die begrünten, nicht benutzten Rolltreppen integrieren. So erhält die Phantasie der Besucher Spielraum, sich den Kunstraum mittels Bewegung neu anzueignen – im doppelten Sinne eine Ertüchtigung für eine lebendige Stadtkultur. Alle, die sich mehr oder weniger verausgaben wollen, versorgt Alexis Dworsky mit Schweißbändern.
Endlos-Loop einer urbanen Kamerafahrt 
Die Idee, wie man Städte sportlich anders sehen kann, umkreist der Konzeptkünstler außerdem mit dem Endlos-Loop einer rasanten Kamerafahrt durch die Straßen sowie mit einer Reihe von Schwarzweiß-Fotos: Situationen aus Städten wie München, Berlin, Neapel, Mexiko, die er selbst kürzlich bereist hat. Farbige Bewegungslinien bringen Dynamik in die statischen Situationen. Was wiederum dazu animiert, Bewegung und Stadt anders zu denken. Sogar „Unorte“ wie der Leuchtenbergring, die Treppe in einer Favela oder ein verbogener Hydrant werden so als spannungsgeladene Elemente einer urbanen Umgebung interpretiert.
zwei:eins – Der Münchner Preis für Kunst: interdisziplinär und innovativ
zwei:eins besticht durch seinen interdisziplinären Ansatz. Der Kunstpreis würdigt künstlerische Arbeiten, die über die eigene Disziplin hinausgehen. Daher wird die Auszeichnung einmal jährlich für ein Konzept vergeben, das im Folgenden gemeinsam mit Partner*innen einer anderen Profession realisiert wird – dazu wählte Alexis Dworsky den Münchner Parkour-Trainer Andreas Ruby. (Anm.: vor kurzem erhielt das Künstlerinnenduo Kitty & Joy gemeinsam mit ihrer Projektpartnerin Mon Müllerschoen den 3. zwei:eins; sie befinden sich derzeit in der Realisierungsphase). Hinter dem Kunstpreis steht ein Netzwerk aus rund 30 Repräsentant*innen der Kunstwelt Münchens. Neben den Vorständen des sozial-kulturellen Netzwerks SoNet München, Frank Enzmann und Martin Schütz sind dies unter anderem die Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, das Museum Villa Stuck oder die Akademie der Bildenden Künste (Liste Netzwerk im Anhang). Die Mitglieder begleiten die jeweiligen Preisträger bei der Realisierung ihrer Projektidee.
Ausgezeichnet wird eine Projektidee eines / einer Künstler*in, die gemeinsam mit einem Partner aus einer anderen Disziplin realisiert werden soll. Für zwei:eins kann man sich nicht selbst bewerben. Die Kandidat*innen werden von einem Netzwerkmitglied vorgeschlagen, das in der Folge als Mentor*in agiert. Die Entscheidung erfolgt nach einem intensiven Auswahlprozess. Anschließend haben die Preisträger*innen 18 Monate Zeit, ihr interdisziplinäres zwei:eins-Projekt zu realisieren. Präsentiert wird es danach in einem der jeweiligen Idee entsprechenden Rahmen.
„Locker machen“ – 5 Fragen an Alexis Dworsky
Was hat es mit dem Film auf sich, den Sie mit einer Actionkamera gedreht haben und der im MaximiliansForum in Endlosschleife läuft?
Junge Leute machen ja heute Extremsport vor allem, um dabei Filmclips zu drehen und nachher online zu stellen. Meine Schlussfolgerung: Konsequenterweise kann man dann ja den Sport weg- und die Go-Pro-Kamera alleine laufen lassen. Ich habe also die Kamera an einer Malerstange befestigt und damit wilde Schwünge vollführt. Im Nachhinein wirkt das nun so, als würde jemand im urbanen Raum tollkühne Sprünge oder Fahrten vollführen, als würde jemand einen Actionsport machen. Welche Sportart, bleibt offen, aber das ist ja auch egal auf der Jagd nach den spektakulärsten Takes.

Warum eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit einem Sportler?
In meiner Arbeit setze mich schon immer über disziplinäre Schranken hinweg. Ich erforsche Phänomene aus meiner Alltagswelt mit meiner Kunst, indem ich das Augenmerk auf ganz andere gesellschaftliche Phänomene als die Kunst richte. Dafür suche ich den Kontakt zu Menschen, die andere Perspektiven haben als diejenige des Künstlers; das waren in der Vergangenheit zum Beispiel buddhistische Mönche oder Graffiti-Sprayer. Speziell für den interdisziplinären zwei:eins-Preis habe ich ein Konzept entwickelt, das den urbanen Raum untersucht – und bin während meiner Recherchen auf Andreas Ruby gestoßen. Als Parkour-Sportler nimmt er die Stadt ganz anders wahr als man es sonst als Passant tut.

Den Kunstpreis zwei:eins erhielten Sie für die Projektidee zu einem Trimm-Dich-Pfad im urbanen Raum. Warum hat das nicht funktioniert?
Mein Ursprungsgedanke war, die Gattungen Performance und Sport im zunehmend kommerzialisierten öffentlichen Raum zu kreuzen. Der urbane Raum sollte umgedeutet werden mittels eigens entwickelter Übungen, die einen Trimm-Dich-Pfad samt Schildern ergeben, die Stadt sollte entlang des Fitness-Parcours aus neuen Blickwinkeln entdeckt werden. Es hat sich aber herausgestellt, dass dies so nicht realisierbar war. An diesem Punkt kam mir eine Besonderheit des Kunstpreises zwei:eins entgegen, nämlich dass sich die Arbeit von der prämierten Idee hin zur Realisierung ändern darf. Denn abgesehen von der Schwierigkeit, Genehmigungen zu bekommen und Passanten zum Mitmachen zu motivieren, hat meine Zusammenarbeit mit Andreas Ruby gezeigt: Parkour-Sportler nehmen sich nicht ein Objekt vor und machen dort eine bestimmte Übung, sondern sie spielen ihre Kreativität fließend aus. Meine Schlussfolgerung: Ein solcher Parcours lässt sich nicht nur in der Stadt, sondern überall realisieren, wo sich Phantasie und Spieltrieb entfalten. Wenn man etwa einen Gehsteig entlang balanciert, nimmt man ihn dadurch erst wirklich wahr und macht etwas Kreatives daraus, stellt bekannte Denkmuster in Frage und interpretiert das Vorgegebene neu. Der Schwierigkeitsgrad der „Challenge“ richtet sich dabei immer nach individuellen Vorlieben und der Tagesform.

Sollte man Sportkleidung für einen Besuch Ihrer Ausstellung anziehen?
Anders als in Fitnessstudios, in denen man alleine seinen Körper optimiert, können sich die Besucher hier gemeinsam bewegen und Gratis-Spaß erleben. In welcher Kleidung, ist dabei egal. Vorsichtshalber halte ich schicke Schweißbänder für Stirn und Armgelenke bereit …

Was hat Ihnen persönlich die Zusammenarbeit mit dem Parkour-Sportler Andreas Ruby gebracht?
Dass man sich selbst nicht so viel vorgeben sollte. Ich selbst war bis dahin immer durchgeplant statt mehr zu improvisieren und mich aufs Glatteis zu wagen oder am Ende gar zu fallen. Da ist doch die Arbeit von Andreas um einiges freier, die Lockerheit, mit der er herangeht, probiert, kurz hinfällt, geschmeidig abrollt, wieder probiert – obwohl er nicht weiß, wie das enden wird. Wenn es mir gelingt, diese Herangehensweise in meine Kunst zu transferieren, habe ich etwas gewonnen. Ich hoffe, dass ich durch die Zusammenarbeit lockerer geworden bin.

 
Pressekontakt: Marion Vorbeck Kommunikation

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