Floris Neusüss – Traumbilder Fotografien 1958 bis 1983. Stadtmuseum (22.6.-14.10.12)
Floris Neusüss (geb. 1937 in Lennep) erforscht seit den späten 1950er Jahren die Möglichkeiten der Fotografie, mehr zu zeigen als lediglich ein Abbild der uns umgebenden Realität. Seine Fotografien entfalten ihre Wirkung im Spannungsfeld von fotografischer Faktizität und surrealistischer Bedeutungsoffenheit. Neusüss verschmilzt eine hochgradig medienreflexive Position, die sich stets der technischen und historischen Voraussetzungen der Fotografie bewusst ist, mit einem poetischen, fast traumwandlerischen Blick. (Bild: Floris Neusüss, Figur im Raum, Kassel 1976 Copyright: Münchner Stadtmuseum)
In Ausstellungen und Publikationen wurden bisher vor allem Neusüss‘ Verdienste um die Erforschung und künstlerische Weiterentwicklung des Fotogramms, mithin der kameralosen Fotografie, gewürdigt, zuletzt 2010 im Rahmen der Ausstellung „Shadow Catchers“ am Victoria & Albert Museum, London. Insbesondere Neusüss‘ Körperbilder aus den 1960er Jahren, lebensgroße Aktfotogramme, für die L. Fritz Gruber den Titel „Nudogramme“ erfand, prägen das Bild seines Werks in der Öffentlichkeit. Neusüss‘ Kamerafotografien sind hingegen ebenso wie seine konzeptuellen Fotoarbeiten bislang nur in Ansätzen aufgearbeitet. Eine Werkschau im Kasseler Kunstverein 1977 war der letzte Anlass, zu dem diese für das Oeuvre von Neusüss entscheidenden Komplexe ausführlicher präsentiert wurden.
Die Sammlung Fotografie im Münchner Stadtmuseum schließt diese Lücke im Jahr des 75. Geburtstags des Künstlers mit einer Ausstellung und kann dabei auf einen umfangreichen Bestand zurückgreifen. Floris Neusüss hat im Jahr 2007 das komplette Archiv seiner Kamerafotografie mit über 700 Originalaufnahmen der Sammlung Fotografie überlassen. München war für Neusüss als Ort der künstlerischen Inspiration in mehrfacher Hinsicht prägend. Nicht zuletzt hat er hier an der Bayerischen Staatslehranstalt für Photographie das Handwerk des Fotografen erlernt – eine Ausbildung, die ihm als Basis für seine künstlerische Arbeit und seine spätere Lehrtätigkeit diente.
Die Ausstellung, mit der das Münchner Stadtmuseum das Neusüss-Archiv in einer repräsentativen Auswahl vorstellt, besteht aus vier thematischen Blöcken, die einen Zeitraum von 25 Jahren zwischen 1958 und 1983 umfassen: Traumbilder, Schaufenster, Porträts und konzeptuelle Fotoaktionen. Biografisch spannen die Arbeiten einen Bogen von Neusüss‘ Studienzeit bis zu den Anfängen seiner Lehrtätigkeit als Professor für Experimentelle Fotografie an der Kasseler Hochschule und den Aktivitäten im Kontext des Fotoforums.
Die Arbeiten der Serie der Traumbilder entstammen in der Mehrzahl Neusüss‘ künstlerischer Frühzeit zwischen 1958 und 1965. Die alltägliche Umgebung seiner Studienorte München und Berlin, die Parks der Städte, die Gärten der Akademien, seine Wohnung in der Münchner Türkenstraße werden im Blick seiner Kamera zu rätselhaften Orten von entrückter Schönheit. Die Menschen, die diese Welt bevölkern, scheinen kaum mehr aus Fleisch und Blut, sondern tauchen wie Erscheinungen aus der dichten Vegetation der Parklandschaften auf. Neusüss experimentierte hier mit Belichtungs- und Negativmontagen und treibt der Fotografie so ihre Abbildhaftigkeit aus. In der Anmutung ganz im Geiste der Traumbilder entstand in den 1960er Jahren außerdem eine beeindruckende Porträtserie der DADA-Künstlerin Hannah Höch.
Floris Neusüss (geb. 1937 in Lennep) erforscht seit den späten 1950er Jahren die Möglichkeiten der Fotografie, mehr zu zeigen als lediglich ein Abbild der uns umgebenden Realität. Seine Fotografien entfalten ihre Wirkung im Spannungsfeld von fotografischer Faktizität und surrealistischer Bedeutungsoffenheit. Neusüss verschmilzt eine hochgradig medienreflexive Position, die sich stets der technischen und historischen Voraussetzungen der Fotografie bewusst ist, mit einem poetischen, fast traumwandlerischen Blick. (Bild: Floris Neusüss, Figur im Raum, Kassel 1976 Copyright: Münchner Stadtmuseum)
In Ausstellungen und Publikationen wurden bisher vor allem Neusüss‘ Verdienste um die Erforschung und künstlerische Weiterentwicklung des Fotogramms, mithin der kameralosen Fotografie, gewürdigt, zuletzt 2010 im Rahmen der Ausstellung „Shadow Catchers“ am Victoria & Albert Museum, London. Insbesondere Neusüss‘ Körperbilder aus den 1960er Jahren, lebensgroße Aktfotogramme, für die L. Fritz Gruber den Titel „Nudogramme“ erfand, prägen das Bild seines Werks in der Öffentlichkeit. Neusüss‘ Kamerafotografien sind hingegen ebenso wie seine konzeptuellen Fotoarbeiten bislang nur in Ansätzen aufgearbeitet. Eine Werkschau im Kasseler Kunstverein 1977 war der letzte Anlass, zu dem diese für das Oeuvre von Neusüss entscheidenden Komplexe ausführlicher präsentiert wurden.
Die Sammlung Fotografie im Münchner Stadtmuseum schließt diese Lücke im Jahr des 75. Geburtstags des Künstlers mit einer Ausstellung und kann dabei auf einen umfangreichen Bestand zurückgreifen. Floris Neusüss hat im Jahr 2007 das komplette Archiv seiner Kamerafotografie mit über 700 Originalaufnahmen der Sammlung Fotografie überlassen. München war für Neusüss als Ort der künstlerischen Inspiration in mehrfacher Hinsicht prägend. Nicht zuletzt hat er hier an der Bayerischen Staatslehranstalt für Photographie das Handwerk des Fotografen erlernt – eine Ausbildung, die ihm als Basis für seine künstlerische Arbeit und seine spätere Lehrtätigkeit diente.
Die Ausstellung, mit der das Münchner Stadtmuseum das Neusüss-Archiv in einer repräsentativen Auswahl vorstellt, besteht aus vier thematischen Blöcken, die einen Zeitraum von 25 Jahren zwischen 1958 und 1983 umfassen: Traumbilder, Schaufenster, Porträts und konzeptuelle Fotoaktionen. Biografisch spannen die Arbeiten einen Bogen von Neusüss‘ Studienzeit bis zu den Anfängen seiner Lehrtätigkeit als Professor für Experimentelle Fotografie an der Kasseler Hochschule und den Aktivitäten im Kontext des Fotoforums.
Die Arbeiten der Serie der Traumbilder entstammen in der Mehrzahl Neusüss‘ künstlerischer Frühzeit zwischen 1958 und 1965. Die alltägliche Umgebung seiner Studienorte München und Berlin, die Parks der Städte, die Gärten der Akademien, seine Wohnung in der Münchner Türkenstraße werden im Blick seiner Kamera zu rätselhaften Orten von entrückter Schönheit. Die Menschen, die diese Welt bevölkern, scheinen kaum mehr aus Fleisch und Blut, sondern tauchen wie Erscheinungen aus der dichten Vegetation der Parklandschaften auf. Neusüss experimentierte hier mit Belichtungs- und Negativmontagen und treibt der Fotografie so ihre Abbildhaftigkeit aus. In der Anmutung ganz im Geiste der Traumbilder entstand in den 1960er Jahren außerdem eine beeindruckende Porträtserie der DADA-Künstlerin Hannah Höch.
Die Serie der Schaufensterbilder zeichnet sich durch eine skizzenhafte Ästhetik aus. Auf Neusüss‘ Reisen durch Europa in den 1960er und 70er Jahren mit der Handkamera fast wie im Vorbeigehen fotografiert, wirken die Bilder wie Notizen aus dem surrealistischen Alltag der Warenwelt.
Der Porträtzyklus „VIPs der documenta 5“ mit 36 Bildnissen von Künstlern, Besuchern und Machern der documenta in Kassel 1972 markierte zugleich Neusüss‘ Aufbruch zu den Fotoaktionen der 1970er Jahre. Ursprünglich waren die lebensgroßen ganzfigurigen Porträts in einer Kasseler Unterführung installiert, fielen dort aber bald nach der Eröffnung der documenta dem Vandalismus anheim und wurden schließlich von der übereifrigen Stadtreinigung entfernt. Die Ausstellung zeigt erstmals seit 1972 alle 36 Arbeiten der Serie als Neuabzüge, darunter Porträts von Joseph Beuys, Arnulf Rainer, Bazon Brock, Edward Kienholz und Rebecca Horn.
In den bildanalytischen und performativen Fotoarbeiten der siebziger Jahre sucht Neusüss die theoretische wie praktische Auseinandersetzung mit den medialen Voraussetzungen der Fotografie. Sein besonderes Interesse galt der Relation von Objekt und fotografischem Abbild sowie den verschiedenen Realitätsebenen, die sich u.a. aus dem Verhältnis von Bild, Dokument, Reproduktion und historischem Ort ergeben. In Aktionen wie „Flugtraum“ oder den „Körperauflösungen“ wird das fotografische Abbild des Künstlers zum Spielball der Elemente; es wird dem Wogen der Gezeiten überlassen, wird ein Raub der Flammen oder mit einem Drachen in die Lüfte geschickt.
Zur Ausstellung erscheint ein zweisprachiges deutsch-englisches Katalogbuch im Hatje Cantz Verlag mit Beiträgen von Fabian Knierim, Michael Krüger, Ulrich Pohlmann und Esther Ruelfs, erhältlich an der Museumskasse und im Museumsladen zum Preis von 29,80 €.
Die Ausstellung wird im Münchner Stadtmuseum vom 22. Juni bis 14. Oktober 2012 zu sehen sein. Weitere Stationen in Deutschland sind geplant.
Pressekontakt: Ulla Hoering, Clara Eggebrecht, Gabriele Meise
Der Porträtzyklus „VIPs der documenta 5“ mit 36 Bildnissen von Künstlern, Besuchern und Machern der documenta in Kassel 1972 markierte zugleich Neusüss‘ Aufbruch zu den Fotoaktionen der 1970er Jahre. Ursprünglich waren die lebensgroßen ganzfigurigen Porträts in einer Kasseler Unterführung installiert, fielen dort aber bald nach der Eröffnung der documenta dem Vandalismus anheim und wurden schließlich von der übereifrigen Stadtreinigung entfernt. Die Ausstellung zeigt erstmals seit 1972 alle 36 Arbeiten der Serie als Neuabzüge, darunter Porträts von Joseph Beuys, Arnulf Rainer, Bazon Brock, Edward Kienholz und Rebecca Horn.
In den bildanalytischen und performativen Fotoarbeiten der siebziger Jahre sucht Neusüss die theoretische wie praktische Auseinandersetzung mit den medialen Voraussetzungen der Fotografie. Sein besonderes Interesse galt der Relation von Objekt und fotografischem Abbild sowie den verschiedenen Realitätsebenen, die sich u.a. aus dem Verhältnis von Bild, Dokument, Reproduktion und historischem Ort ergeben. In Aktionen wie „Flugtraum“ oder den „Körperauflösungen“ wird das fotografische Abbild des Künstlers zum Spielball der Elemente; es wird dem Wogen der Gezeiten überlassen, wird ein Raub der Flammen oder mit einem Drachen in die Lüfte geschickt.
Zur Ausstellung erscheint ein zweisprachiges deutsch-englisches Katalogbuch im Hatje Cantz Verlag mit Beiträgen von Fabian Knierim, Michael Krüger, Ulrich Pohlmann und Esther Ruelfs, erhältlich an der Museumskasse und im Museumsladen zum Preis von 29,80 €.
Die Ausstellung wird im Münchner Stadtmuseum vom 22. Juni bis 14. Oktober 2012 zu sehen sein. Weitere Stationen in Deutschland sind geplant.
Pressekontakt: Ulla Hoering, Clara Eggebrecht, Gabriele Meise