EXPERIENCE IN ACTION! DESIGNBUILD IN DER ARCHITEKTUR
Das Architekturmuseum der TUM präsentiert mit „Experience in Action!“ die bisher größte und umfassendste Ausstellung zum Thema „DesignBuild“. Der Begriff bezeichnet eine Lehrmethode, die an zahlreichen Architekturschulen weltweit eingesetzt wird und bei der Studierende konkrete Projekte planen, entwerfen und dann 1:1 umsetzen. Im Ergebnis entstehen dabei unterschiedliche Bauaufgaben wie Wohnhäuser, kulturelle Einrichtungen, Schulen, Kindergärten und sogar Krankenhäuser. Meist werden diese DesignBuild-Projekte im Globalen Süden realisiert, gelegentlich aber auch in unterversorgten Gebieten des eigenen Landes. DesignBuild gewinnt in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung, weil immer mehr Hochschulen diese Methode einsetzen, um ihren Studierenden sowohl einen höheren Praxisbezug zu vermitteln als auch die soziale Dimension des Planens und Bauens näherzubringen.
Die von Vera Simone Bader kuratierte Ausstellung präsentiert anhand von Plänen, Graphiken, Fotos, Filmen und Interviews 16 Projekte von fünf Kontinenten. Im Vordergrund stehen nicht die fertigen Objekte, sondern der zugehörige Prozess, der sich in vier Phasen einteilen lässt: Recherche, Dialog, Entwurf und das eigentliche Bauen; diese Aspekte verleihen der Ausstellung ihre inhaltliche Struktur. Die Projektverläufe sollen dem Besucher ein umfassenderes Verständnis der Methode vermitteln und zugleich die Grundlage für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema bieten, das immer wieder auch das Ziel von Kritik ist. Als Impuls für eine durchaus kontroverse Debatte über die Methoden von DesignBuild dienen die Interviews mit Studierenden, Lehrenden und Nutzern. Auch der Katalog, der in zwei Sprachausgaben erscheint, greift offene Fragestellungen auf, die diese Lehrmethode immer wieder hervorruft: Wie können die Nutzer besser eingebunden und wie Planungsprozesse basis-demokratisch gestaltet werden? Welche Anforderungen sollen DesignBuild-Projekte erfüllen und welchen Grenzen unterliegen sie? Und an welchen Orten sollte überhaupt gebaut werden? Sind solche Hilfs-Projekte im Globalen Süden angesichts postkolonialer Debatten noch angemessen? Welche Möglichkeiten bieten sich in der näheren Umgebung der Hochschulen angesichts extremer Regulierungen durch Baugesetze etc.? Die Auseinandersetzung mit DesignBuild ermöglicht es zudem, sich übergreifenden Fragestellungen zu öffnen, die sowohl die Architekturausbildung als auch die Architektur selbst betreffen: Denn mit welchen Mitteln können Prozesse reflektiert und wie Projekte evaluiert werden? Und wie lassen sich räumliche und gesellschaftliche Kontexte besser analysieren, so dass die Verhältnisse vor Ort bewusst in die Entwürfe mit einbezogen werden können? Die Vielschichtigkeit der Themen soll auch im Rahmen einer Konferenz aufgegriffen werden, die am Tag der Eröffnung im Ernst von Siemens-Auditorium in der Pinakothek der Moderne stattfindet.
Zum besseren Verständnis der Entwicklung und Wirkung der Lehrmethode gibt es anlässlich der Ausstellung konkret zwei DesignBuild-Projekte, die vor der Pinakothek der Moderne stattfinden: Zum einen wird ein temporärer Vermittlungsraum mit Werkstattcharakter vor die Südseite der Pinakothek der Moderne gebaut, der nach der Ausstellung für einige Zeit weiter stehen bleiben soll. Initiiert wurde das Projekt von den Lehrstühlen von Hermann Kaufmann und Florian Nagler an der TUM. Die Besucher der Ausstellung werden damit die Möglichkeit erhalten, eine Live-Baustelle zu besuchen, die das Prinzip DesignBuild anschaulich und erlebbar macht. Als weiteres DesignBuild-Projekt wird das Kunstareal durch „Kitchen on the Run“ belebt, einem Container, den Studierende der TU Berlin 2015 in eine Küche umgebaut haben. Seitdem reist er durch ganz Europa und wird ab dem 18. März die Münchener Stadtgesellschaft und die Besucherinnen und Besucher einladen, mit Geflüchteten gemeinsam zu kochen und Zeit zu verbringen.
Ausstellung, Katalog und Konferenz werden zusammen die unterschiedlichen Schwerpunkte und Ziele der DesignBuild-Methode aufzeigen. Eines davon ist sicherlich das große soziale Engagement der Studierenden und Lehrenden, das weit über die Routinen des üblichen akademischen Lehrbetriebs hinausreicht. Die Ausstellung dient also vor allem auch dazu, eine breitere Öffentlichkeit über die soziale Wirkung und nachhaltige Bedeutung dieser Lehrmethode zu informieren.
Die Ausstellungsgestaltung wurde vom Düsseldorfer Büro Labor Fou und Event Architecctur aus Amsterdam entworfen.
Der Katalog enthält Aufsätze und Statements von Vera Simone Bader, Tomà Berlanda, Teddy Cruz, Martin Düchs, Peter Fattinger, Fonna Forman, Ursula Hartig, Bernadette Heiermann, Anupama Kundoo, Andres Lepik, Claire Nicholas, Sergio Palleroni, Ralf Pasel, Judith Reitz, Juan Román, Hilde Strobl, Hans Skotte, Xavier Vendrell, Tanja C. Vollmer.
Zusätzlich gibt es Interviews mit Lorena Burbano und Sebastián Oviedo und mit Studierenden der TUM (208 Seiten, 267 Abbildungen, kostet 34,90 € und erscheint im Detail Verlag, München)
Die Ausstellung wurde großzügig durch die Sto-Stiftung gefördert.
Den Vermittlungsraum fördert PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne.