Kalenderblatt Dienstag, 17. September 2024
Zitat des Tages: „Der wichtigste Gedanke auf dem Gipfel gilt dem Weg nach unten.“ Reinhold Messner (1944)
17.9.1991: Eskalation der Gewalt in Hoyerswerda
In der sächsischen Stadt Hoyerswerda eskaliert am 17. September 1991 der Fremdenhass. Mit Molotow-Cocktails, Flaschen und Steinen bewaffnet, attackieren jugendliche Randalierer ein Ausländerwohnheim, in dem über 200 Asylbewerber, viele davon aus Vietnam und Mozambique, untergebracht sind. Auch gegen die Polizei gehen die aus rechtsradikalen Kreisen stammenden jugendlichen Täter mit Reizgas und Gaspistolen vor.
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Anfang der 90er-Jahre macht eine Zunahme der Gewalttaten gegen Ausländer ein enormes Potenzial von Fremdenangst, Frust und Verunsicherung im noch jungen wiedervereinten Deutschland deutlich. Auslöser sind vor allem die erheblich angestiegenen Asylbewerberzahlen. Da die Bearbeitung der Antragsflut kaum noch bewältigt werden kann und meist Monate in Anspruch nimmt, dürfen die Anwärter während dieser Zeit in Deutschland bleiben.
Hoyerswerda, von Erich Honecker einmal als die zweite sozialistische Wohnstadt der DDR nach Eisenhüttenstadt bezeichnet, hat im Jahr 1991 rund 50.000 Einwohner. Im Spätsommer 1991 explodiert dort unter Führung rechtsradikaler Jugendlicher ein geistiger Schwelbrand, der sich am Schlagwort der „Überfremdung“ entzündet und wie ein Flächenbrand auf andere Städte übergreift. In Hoyerswerda ist der „Sättigungsgrad“ erreicht, als 50.000 Deutsche mit 220 Ausländern leben sollten. Das dortige Asylbewerberheim wird in der zweiten Septemberwoche mehrmals Ziel nächtlicher Brandanschläge. Rollkommandos eröffnen mit Parolen wie „Deutschland den Deutschen“ die Jagd auf Ausländer.
Die Ereignisse, bei denen die mehr oder weniger hilflose Polizei vor den Rechtsextremisten kapituliert (die Evakuierung der Asylanten in andere Bundesländer wird von den Straftätern als klarer Erfolg gewertet), lösen eine Welle von Gewalttaten in anderen Städten aus: In Hünxe werden zwei Flüchtlingskinder bei einem Brandanschlag schwer verletzt, in Rostock-Lichtenhagen Asylsuchende unter dem Beifall der Bevölkerung tagelang belagert, in Mölln und Solingen verbrennen Mitglieder türkischer Familien in ihren Häusern.
Auch diese Straftäter fühlen sich aufgrund der bemerkenswert milden Gerichtsurteile als Vollstrecker des Volkswillens. Wegen Landfriedensbruch, Körperverletzung und Volksverhetzung erhalten einige der Täter von Hoyerswerda Freiheitsstrafen zwischen 15 und 18 Monaten.
Erst die Morde von Mölln sollten die Öffentlichkeit wach rütteln. Bundesweite Aufklärungskampagnen zur Isolierung der Täter, Lichterketten gegen Fremdenhass und Anti-Gewalt-Demonstrationen im Winter 1992/93 führten zum Rückgang der Gewalttaten. Schließlich setzte auch die Justiz mit schärferen Maßnahmen, Verboten gegen rechtsextreme Organisationen und härteren Strafen für die Täter ein deutliches Zeichen.
Gedenktage:
1988: In Seoul/Südkorea beginnen heute die XXIV. Olympischen Sommerspiele, die bis 22. Oktober dauern werden. Die zweite Olympiade überhaupt in einem asiatischen Land wird vom Dopingskandal um den kanadischen Leichtathleten Ben Johnson überschattet.
1980: Nach den Streiks auf der Danziger Leninwerft, bei denen im August 17.000 Beschäftigte ihre Arbeit niedergelegt hatten, wird in Polen die Gewerkschaft Solidarnosc (Solidarität) gegründet. Im Dezember 1981, nach Verhängung des Kriegsrechts über Polen, wird die unabhängige Gewerkschaft unter ihrem Vorsitzenden Lech Walesa verboten.
1978: Der ägyptische Staatschef Anwar as-Sadat und Israels Ministerpräsident Menachem Begin einigen sich in Camp David unter Vermittlung von US-Präsident Jimmy Carter auf erste Schritte zur Verständigung, die ein Jahr später in einen Friedensvertrag münden werden.
1922: In Berlin stellen die drei deutschen Erfinder Hans Vogt, Joseph Massolle und Joseph (Jo) B. Engl den ersten Lichttonfilm („Die Brandstifter“) nach dem von der Gruppe entwickelten Lichttonverfahren („Triergon“ – das „Werk der Drei“) vor, bei dem die Schwierigkeiten mit dem Synchronlauf der bisherigen Tonfilmsysteme erstmals überwunden sind.
1921: Zum ersten Mal nach dem Ersten Weltkrieg findet wieder ein Oktoberfest statt. Das Fest, bei dem stets reichlich Bier fließt, hat seinen Ursprung in der Vermählung des bayerischen Kronprinzen Ludwig mit Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen am 12. Oktober 1810 und wird seither jährlich auf der Münchner Theresienwiese begangen.
Geburtstage:
1944: Reinhold Messner; Südtiroler Extrembergsteiger. Er bezwang nicht nur den Mount Everest (ohne Sauerstoffgerät), sondern auch die weiteren 13 Achttausender im Himalajagebirge. Darüber hinaus agiert der Alpinist auch als Polarwanderer und verwertet seine Erfahrungen und Abenteuer in Büchern (darunter „Alle meine Gipfel“).
1928: Roddy McDowall; englischer Schauspieler und Fotograf. Wer die Science-Fiction-Reihe „Planet der Affen“ kennt, hat auch den Londoner Mimen schon einmal gesehen: Dort spielt der einstige Kinderstar, der auch am Broadway und in der Traumfabrik Hollywood kein Unbekannter ist, in allen vier Folgen den Orang-Utan-Wissenschaftler „Cornelius“.
1926: Klaus Schütz; deutscher Politiker (SPD) und Medienexperte. Der mit vielfältigen Talenten ausgestattete Heidelberger war u.a. Senator für das Post- und Fernmeldewesen. Nach der Ära als Staatssekretär in der Regierung Brandt übte er das Amt des Regierenden Bürgermeisters von West-Berlin (1967-77) aus. Es folgte die Berufung als Botschafter nach Israel und 1981 die Intendantentätigkeit bei der Deutschen Welle.
1883: Käthe Kruse, eigentlich Katharina Simon († 19.7.1968); deutsche Puppenmacherin, die eigentlich zur Bühne wollte. Bekannt wurde die Ehefrau des Berliner Bildhauers Max Kruse mit ihren selbstgebastelten Stoffpuppen, die sie zunächst für ihre kleine Tochter anfertigte und auf die bald ein Ansturm einsetzte. Heute, mehr als ein Jahrhundert später, kosten Käthe-Kruse-Puppen (zu besichtigen im Puppenmuseum Donauwörth) ein kleines Vermögen.
1730: Friedrich Wilhelm von Steuben († 28.11.1794); preußisch-amerikanischer General. 1777 kam er mit einem Empfehlungsschreiben des französischen Kriegsministers nach Nordamerika; dort befehligte er die amerikanischen Truppen und wurde ein Jahr später von George Washington zum Generalmajor und Inspekteur ernannt. Die jährliche Steubenparade in New York erinnert noch heute an den berühmten Sohn Preußens.
Copyright Rosmarie Elsner