Kalenderblatt Mittwoch, 15. Mai 2024
Zitat des Tages: „Die beste und sicherste Tarnung ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit. Die glaubt niemand!“ Max Frisch (1911-1991)
15.5.1955: Österreichs Souveränität besiegelt
Nach jahrelangen zähen Verhandlungen mit den alliierten Siegermächten erreicht die österreichische Regierung unter Führung von Bundeskanzler Julius Raab den Abschluss eines Staatsvertrages. Die seit Ende des Zweiten Weltkriegs immer wieder ausgeklammerte Frage hinsichtlich der Zukunft des in vier Besatzungszonen aufgeteilten Österreichs wird am heutigen Vormittag beantwortet.
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Für die kleine Alpenrepublik ist es ein denkwürdiger Augenblick, als die Außenminister der vier Siegermächte – John Foster Dulles (USA), Harold Macmillan (GB), Antoine Pinay (Frankreich) und Wjatscheslaw Molotow (UdSSR) – gemeinsam mit dem österreichischen Repräsentanten Leopold Figl ihre Unterschrift unter das Dokument setzen, das die Wiedererlangung der Souveränität nach 17 Jahren bestätigt. Dem Vertragsabschluss im Marmorsaal des Wiener Schlosses Belvedere waren seit 1946 langwierige und zähe Verhandlungen mit den Besatzungsmächten vorausgegangen, die insbesondere wegen des Zögerns von Seiten der Sowjetunion immer wieder ins Stocken geraten waren.
Auch jetzt gibt die Sowjetunion ihre Zustimmung zu dem Staatsvertrag nur unter der Voraussetzung, dass sich die Republik zur „immerwährenden Neutralität“ verpflichtet. Hinzu kommen weitere Auflagen wie keinerlei politische und wirtschaftliche Vereinigung mit Deutschland anzustreben, die Rüstungsbeschränkungen anzuerkennen und der UdSSR mit wirtschaftlichen Zugeständnissen entgegenzukommen. Österreichs Bundeskanzler Julius Raab und Außenminister Leopold Figl erklären in allen Punkten ihr Einverständnis. Der Preis, den das Land für die wiedergewonnene Freiheit und die wirtschaftliche Unabhängigkeit zahlen muss, wird noch im gleichen Jahr „fällig“: Am 26. Oktober 1955 verabschiedet der österreichische Nationalrat das Gesetz, in dem das Land für alle Ewigkeit seine Neutralität erklärt.
Damit endet eine 17-jährige Fremdherrschaft, die mit dem Einrücken deutscher Wehrmachttruppen im März 1938 begann und Österreich mit dem Anschluss ans Deutsche Reich in den Sog des Nationalsozialismus geraten ließ. Zwar proklamierte das seit Anfang 1945 unter der Aufsicht einer Alliierten Kommandantur stehende Land im April des gleichen Jahres die Republik Österreich und erklärte alle nationalsozialistischen Gesetze für ungültig; bis zur endgültigen Wiedererlangung der Unabhängigkeit und dem Abzug der Besatzungstruppen sollten aber nochmals zehn Jahre vergehen.
Gedenktage:
1980: In Übereinstimmung mit 29 weiteren Nationen entscheidet sich das NOK der Bundesrepublik Deutschland gegen eine Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen in Moskau. Grund für den Boykott ist der Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan.
1979: Der deutsche Nationalspieler und Weltmeister von 1974 Hans Hubert Vogts beendet in Mönchengladbach seine aktive Fußball-Laufbahn. Dem runden Leder bleibt „Berti“ dennoch treu: zunächst als Jugendtrainer des DFB und ab 1990 als Bundestrainer der deutschen Fußball-Elf.
1943: Mit Rücksicht auf die westlichen Bündnispartner der Sowjetunion im 2. Weltkrieg ordnet Josef W. Stalin die Auflösung der Komintern (Kommunistische Internationale) an. Die Vereinigung aller kommunistischen Parteien war im März 1919 auf Anregung Lenins entstanden.
1908: Der französische Maler Claude Monet, der zu den Begründern und Hauptvertretern des Impressionismus zählt, zerstört seine letzten zwölf Gemälde, die einen Gesamtwert von ca. 400.000 Mark darstellen. Grund: Der Künstler war von der Qualität seiner Bilder nicht überzeugt.
1525: In Thüringen wird der vom protestantischen Theologen Thomas Müntzer organisierte Bauernaufstand niedergeschlagen. Den revolutionären Geistlichen, der in der Schlacht von Frankenhausen von der Armee des Landesfürsten festgenommen wurde, erwartet die Hinrichtung.
Geburtstage:
1930: Jasper Johns; US-amerikanischer Maler, eine der Schlüsselfiguren der amerikanischen modernen Kunst und Wegbereiter der Kunstrichtung Pop-art. Sein bekanntestes Bild ist die „Flagge über Weiß mit Collage“ (1955), eine Verfremdung des Sternenbanners der Vereinigten Staaten.
1911: Max Frisch († 4.4.1991); Schweizer Schriftsteller. Der moderne Mensch ist sich selbst fremd – dieses Bild zieht sich wie ein Leitfaden durch all seine Romane, darunter „Homo Faber“ (1957), „Herr Biedermann und die Brandstifter“ (1958) und „Andorra“ (1961).
1909: James Mason († 27.7.1984); britischer Schauspieler. Bekanntheitsgrad erlangte er in der Rolle des Literaturprofessors in der Verfilmung des Nabukov-Romans „Lolita“ und als „Captain Nemo“ im Fantasyfilm „20.000 Meilen unter dem Meer“ (nach der Romvorlage von Jules Verne).
1880: Otto Dibelius († 31.1.1967); deutscher Theologe. In den Jahren 1945 bis 1966 war er Bischof der evangelischen Kirche von Berlin-Brandenburg aktiv; zuletzt fungierte er als einer der Präsidenten des Weltkirchenrates.
1862: Arthur Schnitzler († 21.10.1931); österreichischer Schriftsteller. Der ehemalige Arzt, der zu einem der bedeutendsten Erzähler seiner Zeit avancierte, fing in seinen Dramen „Der Reigen“ und „Leutnant Gustl“ beeindruckend die Stimmung des Wiens der Jahrhundertwende ein, unter anderem den Verfall der Monarchie und der moralischen Werte.
1773: Klemens Wenzel Fürst von Metternich († 11.6.1859); deutsch-österreichischer Staatsmann. Als Präsident des Wiener Kongresses (1815) war er nach der Niederlage Napoleons I. maßgeblich an der Neuordnung Deutschlands beteiligt. Seinem Verhandlungsgeschick verdankte Österreich die führende Rolle im Deutschen Bund.
Copyright Rosmarie Elsner