Kalenderblatt DonneFreitag, 12. Januar 2024
Zitat des Tages: „In den Abgründen des Unrechts findest du immer die größte Sorgfalt für den Schein des Rechts.“ Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827)
12.1.1922: Aristide Briand nimmt seinen Hut
Der französische Politiker Aristide Briand tritt heute von seinem Amt als Ministerpräsident, das er bereits in der vierten Legislaturperiode ausübt, zurück. Briand zieht damit die Konsequenzen aus den Vorwürfen, er habe nach Kriegsende einen zu deutschfreundlichen Kurs eingeschlagen. Sein außenpolitisches Ziel sah vor, die Sicherheit Frankreichs nicht mehr gegen Deutschland, sondern gemeinsam mit dem Nachbarland zu gewährleisten.
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Mit dem Sturz des Sozialisten Briand verliert das besiegte und isolierte Deutschland sozusagen seinen einzigen Freund im Nachkriegseuropa. Vom Nachfolger, dem „Hardliner“ Raymond Poincaré, ist wenig Unterstützung zu erwarten. Der Mathematiker und Physiker, der das Amt des Ministerpräsidenten bereits in den Jahren 1912/13 inne hatte und dessen Außenpolitik von der Sorge vor der wachsenden Macht Deutschlands bestimmt war, hält konsequent an der Einhaltung der Verträge von Versailles fest. Deutschland setzt seine Hoffnungen nunmehr auf eine im April an der italienischen Riviera stattfindende Wirtschaftskonferenz, an der 28 Nationen – und von deutscher Seite Außenminister Walther Rathenau, ein brillanter Stratege – teilnehmen. Auch hier zeigen sich zunächst nur wenige positive Ansätze; allerdings kommt es dank Rathenau während dieser Zusammenkunft zum Abschluss des Rapallo-Vertrages mit Russland, in dem neben der völkerrechtlichen Anerkennung des Sowjetstaats die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern erneuert werden. Dieses Abkommen wird vom Nachbarland Frankreich mit großer Enttäuschung aufgenommen.
Die Ära Aristide Briands, der den Deutschen als erster die Hand zur Versöhnung gereicht hatte, gehört aber noch längst nicht der Vergangenheit an. 1925 übernimmt er als Ministerpräsident erneut die Regierungsgeschäfte, fördert die deutsch-französische Annäherung und sorgt dafür, dass Deutschland in den Kreis der führenden Mächte zurückkehren kann. Zu seinen Verdiensten zählt der 1925 unterzeichnete „Locarno-Vertrag“, der es Deutschland möglich macht, ein Jahr später dem Völkerbund beizutreten. Gemeinsam mit seinem deutschen Kollegen, Außenminister Gustav Stresemann, mit dem ihn ein besonders Vertrauensverhältnis verbindet, bemüht er sich um die Verständigungspolitik der beiden Nachbarländer, die Revision des Versailler Vertrags und insbesondere die Lösung der Reparationsfrage.
Für ihre Bemühungen um den Frieden wurde Aristide Briand und Gustav Stresemann im Jahr 1926 gemeinsam der Nobelpreis verliehen.
Gedenktage:
1997: Vier deutsche Professoren reichen beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen den Euro ein. In einer 352 Seiten umfassenden Beschwerdeschrift streiten die Wissenschaftler der Bundesregierung das Recht ab, im Namen der Deutschen die Mark abzuschaffen.
1987: In Istanbul/Türkei beginnen die Bauarbeiten zu einer neuen Brücke über das „Goldene Horn“, der sechs Kilometer langen Meeresbucht am Südende des Bosporus. Sie soll die alte Galata-Brücke ersetzen.
1976: Mit dem Abzug der letzten spanischen Truppen aus der Sahara endet nach 91 Jahren Spaniens Kolonialherrschaft. Ende Februar wird das Gebiet der westlichen Sahara offiziell an Marokko und Mauretanien übergeben.
1970: Der Staatschef von Biafra kapituliert in dem seit über zwei Jahre dauernden Unabhängigkeitskrieg gegen das von der UdSSR und Großbritannien mit Waffenlieferungen unterstützte Nigeria. In dem ungleichen Krieg starben etwa zwei Millionen Menschen – größtenteils an Hunger.
1912: Zum ersten Mal gewinnt die SPD die Reichstagswahlen. Sie erlangt 34,8 Prozent der Stimmen und somit 110 Sitze. Grund für den Wahlerfolg war neben dem Unmut über die Steuerpolitik und der allgemeinen Wirtschaftsflaute auch die Marokkokrise.
Geburtstage:
1944: Joe Frazier; US-amerikanischer Schwergewichtsboxer. Durch einen K.o.-Sieg über seinen Gegner Jimmy Ellis holte er sich im Februar 1970 in New York den Weltmeistertitel; diesen konnte er bis zu seiner Niederlage gegen seinen Landsmann George Foreman am 22. Januar 1973 in Kingston/Jamaika verteidigen.
1916: Pieter Willem Botha († 31.10.2006); südafrikanischer Politiker, Ministerpräsident und Staatspräsident der Republik Südafrika (1984-89). Während seiner Regierungszeit wurden die ersten vorsichtigen Schritte zum Abbau der Apartheid eingeleitet. Nach seinem Rücktritt (1989) trat Frederik Willem de Klerk seine Nachfolge als Staatspräsident an.
1893: Hermann Göring († 15.10.1946, Selbstmord); deutscher Politiker (NSDAP), preußischer Ministerpräsident (1933-45), Generalfeldmarschall (1938) und eine der Schlüsselfiguren in der NS-Ära. Auf Görings Konto gehen unter anderem die Einrichtungen der Konzentrationslager und die Gründung der Geheimen Staatspolizei (Gestapo).
1876: Jack London, eigentlich John Griffith († 22.11.1916); US-amerikanischer Schriftsteller und Verfasser zahlreicher spannender Abenteuerromane, darunter „Der Seewolf“, „Lockruf des Goldes“ oder „König Alkohol“. Letzteres Thema bestimmte auch sein persönliches Dilemma, das den erfolgreichen und vermögenden Autor schließlich in den Selbstmord trieb.
1746: Johann Heinrich Pestalozzi († 17.2.1827); schweizerischer Pädagoge, Sozialreformer, geistiger Schöpfer der modernen Volksschule und Landwirt. Das Gut Neuhof, das er seit 1769 bewirtschaftete, wandelte der engagierte Pädagoge fünf Jahre später in eine Erziehungsanstalt für notleidende Kinder um, geleitet von ihm und seiner Frau Anna.
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