Dienstag 10.10.23

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Kalenderblatt Dienstag, 10. Oktober 2023

Zitat des Tages: „Puritaner handeln nach dem Motto: keinmal und nicht wieder.“ Harold Pinter (1930)
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10.10.1962: „Spiegel“-Affäre führt zur Regierungskrise
„Bedingt abwehrbereit“ heißt die heutige „Spiegel“-Titelstory, die diverse Schwächen des westdeutschen Verteidigungssystems aufzeigt. Unter dem Vorwurf des „Landesverrats“ werden daraufhin die Redaktionsräume des Nachrichtenmagazins durchsucht und der Autor verhaftet. Doch die Affäre wird zum Prüfstein für die deutsche Demokratie und die Pressefreiheit in Deutschland – und führt in der Folge den Rücktritt von Verteidigungsminister Franz Josef Strauß und das Ende der Ära Adenauer herbei.

Mehr Details:
Der groß aufgemachte Bericht über das NATO-Herbstmanöver „Fallex 62“ unter dem Titel „Bedingt abwehrbereit“ stützt sich offensichtlich auf Informationen aus Insider-Kreisen. Noch am Erscheinungstag beginnt eine ebenso ungewöhnliche wie folgenschwere polizeiliche Untersuchung im Auftrag der Bundesanwaltschaft Karlsruhe. Am 26. Oktober werden die Redaktionsräume des „Spiegel“ von einem Großaufgebot der Polizei hermetisch abgeriegelt und durchsucht; selbst die Besenkammern der Putzfrauen werden auf Beweismaterial durchforstet. Mehrere Redakteure werden verhaftet, sie stehen unter dem Verdacht des Landesverrats und der Beamtenbestechung. „Spiegel“-Herausgeber Rudolf Augstein, der zum Zeitpunkt der Durchsuchung das Verlagshaus bereits verlassen hatte und sich in seiner Wohnung befand, und der stellvertretende Chefredakteur und für den Artikel verantwortliche Autor, Conrad Ahlers, werden per Haftbefehl gesucht. Letzterer wird durch Intervention von Minister Strauß im Urlaub in Spanien festgenommen. Augstein meldet sich am nächsten Tag im Polizeipräsidium und wird verhaftet.
Doch diese Nacht- und Nebelaktion gegen den „Spiegel“ rüttelt die Öffentlichkeit und sogar die konservativen Medien wach und löst eine engagierte rechtspolitische Debatte aus. Es geht um die Abwägung von Staatssicherheit und Pressefreiheit. In diesen Tagen treten zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Straßendemonstrationen als allgemein anerkannte politische Meinungsäußerung auf.
In turbulenten Reden und Fragestunden wird nur allzu deutlich, dass das Nachrichtenmagazin Adenauer und Strauß ein persönlicher Dorn im Auge ist, und Innenminister Hermann Höcherl bekennt schließlich, die Spanien-Aktion sei wohl „etwas außerhalb der Legalität“ gewesen. Einige der Beschuldigten kommen erst nach Monaten wieder frei; über ein Jahr nach den Verhaftungen wird das Verfahren „mangels Beweisen“ eingestellt. Die Bundesregierung ist inzwischen wegen der „Spiegel“-Affäre zurückgetreten, und Franz-Josef Strauß, der wegen Amtsmissbrauchs im Zentrum der Kritik steht, muss seinen Hut nehmen.
Die Affäre „Spiegel“ veränderte das politische Klima in der Bundesrepublik: Die westdeutschen Bürger setzten ein deutliches Zeichen, dass sie nicht länger bereit waren, autoritäres Schalten und Walten der Regierung im „Untertanengeist“ hinzunehmen. Nie wieder haben Politik oder Justiz seither versucht, so dreist gegen die Pressefreiheit vorzugehen.
Gedenktage:
1991: Im Bundestag einigen sich die Regierungsparteien und die Opposition auf ein beschleunigtes Verfahren bei Anträgen auf Asyl. Künftig soll es möglich sein, Asylbewerber, deren Antrag sich auf keinen ausreichenden Asylgrund stützen kann, innerhalb von sechs Wochen abzuschieben.
1964: Die Jugend der Welt wird heute nach Tokio gerufen: Zum ersten Mal werden damit die Olympischen Sommerspiele im asiatischen Raum ausgetragen; zum letzten Mal hingegen tritt auf japanischem Boden eine gesamtdeutsche Mannschaft an. Insgesamt holen Deutschlands Athleten in Japan 50 Medaillen und schneiden als viertbeste Nation ab.
1936: Der Sportlehrer Sepp Herberger wird Nachfolger des wegen einer blamablen Vorstellung der deutschen Fußball-Elf bei der Olympiade in Berlin entlassenen Reichstrainers Otto Nerz. Herberger, ein ehemaliger Nationalspieler, assistierte Nerz bis zu dessen Entlassung. Von dem „Neuen“ wird man in Zukunft noch eine Menge hören.
1903: Zusammen mit ihrer Tochter Christabel gründet die englische Frauenrechtlerin Emmeline Pankhurst in Manchester/Großbritannien die „National Women’s Social and Political Union“. Ziel der sozialen und politischen Frauenunion ist die Gleichberechtigung für Englands Frauen und die Einführung des Frauenwahlrechts.
1886: Nach englischem Vorbild hält der „Smoking“ nun auch Einzug in die amerikanischen Herrenclubs. Das edle Kleidungsstück besteht aus einem tief ausgeschnittenen Jackett und einer Hose aus schwarzem Tuch mit seidenen Aufschlägen und seitlich aufgenähten Borten und wird durch einen extrabreiten Gürtel, den „Kummerbund“, komplettiert.
Geburtstage:
1932: Omar Sharif, eigentlich Michael Shalboub; US-amerikanischer Schauspieler ägyptischer Herkunft. Weltweite Popularität erlangte er 1965 mit der Titelrolle in der Literaturverfilmung „Dr. Schiwago“ nach dem Roman von Boris Pasternak. Der attraktive Leinwandheld ist auch als Profi-Bridge-Spieler erfolgreich und moderierte im US-Fernsehen eine eigene Bridge-Show.
1930: Harold Pinter; englischer Dramatiker und Regisseur. Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des Absurden Theaters in England; seine Stücke findet man aber auch hierzulande auf dem Spielplan vieler renommierter Bühnen. Zu den bekanntesten gehören „Der Hausmeister“ (1959) und „Der Liebhaber“ (1962). 2005 wurde dem Briten der Literaturnobelpreis verliehen.
1861: Fridtjof Nansen († 13.5.1930); norwegischer Polarforscher, Professor für Zoologie und Ozeanographie und darüber hinaus Gesandter in London. Der Wissenschaftler, der für seine Bemühungen um den Frieden 1922 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, durchquerte als erster auf Skiern und mit dem Schlitten Grönland von der Ost- zur Westküste (1888/89).
1813: Guiseppe Verdi († 27.1.1901); italienischer Opernkomponist und einer der bedeutendsten Söhne seines Landes. Mit seiner vierten Oper „Nabucco“ (1842) gelang ihm der große Durchbruch. Noch viele gewaltige Werke sollten folgen, die Einzug in sämtliche Bühnenhäuser der Welt hielten, darunter: „Aida“, „La Traviata“, „Otello“ und „Rigoletto“.
1731: Henry Cavendish († 24.2.1810); englischer Chemiker, dessen Wiege im südfranzösischen Nizza stand. Der Naturwissenschaftler gilt als Entdecker des Wasserstoffs (1766), entdeckte die sog. Knallgas-Reaktion sowie die Zusammensetzung von Luft und Wasser. Darüber hinaus widmete er seine Forschungen der Erddichte und elektrischen Erscheinungen.
Copyright: Rosemarie Elsner

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