Kalenderblatt Mittwoch, 4. September 2024
Zitat des Tages: „Es gibt mehr Leute, die kapitulieren, als solche, die scheitern.“ Henry Ford II (1917-1987)
4.9.1989: Schauplatz Leipzig: „Wir sind das Volk“
Im Anschluss an das traditionelle Friedensgebet in der Nikolaikirche findet heute in Leipzig zum vierten Mal eine Montagsdemonstration statt. Mit Transparenten und Rufen „Wir sind das Volk“ fordern Hunderte Bürgerinnen und Bürger der DDR größere Reisefreiheit und eine Veränderung im Führungsanspruch der SED. Einen Monat später ist die Zahl derer, die für demokratische Reformen auf die Straße gehen, bereits auf 70.000 angestiegen.
Mehr Details:
Die Montagsdemonstrationen gegen die alte SED-Führung werden bald zur Tradition und finden fortan regelmäßig jede Woche statt. Am 25. September beteiligen sich allein in Leipzig mehr als 5.000 Menschen an dem friedlichen Protestmarsch, in der gesamten DDR sind es 20.000 Bürger: Unter anderem fordern sie „Reisefreiheit statt Massenflucht“ und „Versammlungsfreiheit – Vereinigungsfreiheit“. Erstmalig kommt es zu Zusammenstößen mit Sicherheitskräften; die Polizei reagiert auf die Protestaktionen zugunsten demokratischer Reformen mit Festnahmen und der Verurteilung zahlreicher Teilnehmer zu Freiheitsstrafen von mehreren Monaten.
Nicht nur in Leipzig, auch in anderen DDR-Städten beginnt der „Countdown“ zum Tag X: In Dresden stürmen aufgebrachte Demonstranten den Bahnhof, springen auf Züge, die in den Westen und in die Freiheit führen. Hermetisch riegelt die Polizei das Gebiet ab. Wie gespalten die Lager in der DDR sind, zeigt sich in den ersten Oktobertagen: Während die SED-Führungsriege sich zu den Feierlichkeiten anlässlich des 40. Jahrestages der DDR-Gründung am 7. Oktober rüstet, schwillt auf der anderen Seite der Menschenstrom, der freie Wahlen, uneingeschränkte Reisefreiheit und eine Veränderung des Artikels 1 der DDR-Verfassung (dort ist der Führungsanspruch der SED verankert) fordert, allein in Leipzig auf das Fünffache an.
Zu massiven Protesten von Seiten der Bevölkerung kommt es, als das neue Reisegesetz publik gemacht wird. Der strömende Regen hält 300.000 Menschen nicht davon ab, für ihre Rechte auf die Straße zu gehen. Inzwischen beteiligen sich Menschen in nahezu allen Großstädten der DDR an den Montagsdemos, wobei die Stimmung zusehends aggressiver wird. Zum Kreis der Dresdner Demonstranten gehören auch der dortige Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer und SED-Chef Hans Modrow.
Sechs Jahre später würdigt Bundespräsident Roman Herzog das Engagement „um die friedliche Revolution im Wendeherbst 1989“ als eines der „stolzesten Kapitel deutscher Geschichte“. Anlässlich des 6. Jahrestages der Montagsdemonstrationen verlieh er insgesamt 28 DDR-Bürgerrechtlern das Bundesverdienstkreuz.
Gedenktage:
1970: Mit der Wahl des 62-jährigen Politikers Salvador Allende zum Staatspräsidenten erhält Chile erstmals einen sozialistischen Regierungschef. Sein Versuch eines demokratischen Wegs scheitert jedoch nach drei Jahren. Im September 1973 wird Allende von einer Militärjunta unter General Pinochet gestürzt und getötet.
1965: Im hohen Alter von 90 Jahren stirbt der elsässische Arzt und evangelische Theologe Albert Schweitzer in dem von ihm gegründeten Urwaldhospital Lambarene im westafrikanischen Staat Gabun.
1964: Die Schweizerin Daisy Voog kann sich rühmen, als erste Frau der Welt die steile Eiger-Nordwand im Berliner Oberland durchstiegen zu haben. Gemeinsam mit ihrem Führer, dem Deutschen Werner Bittner, der zwei Jahre zuvor die Matterhorn-Nordwand erklommen hatte, bezwang die Sekretärin die gefürchtete Wand.
1882: Der amerikanische Elektromechaniker Thomas Alva Edison, dem die Welt unter anderem die Erfindung der Glühbirne zu verdanken hat, nimmt heute in New York das erste öffentliche Elektrizitätswerk in Betrieb. Damit ist auch die Stromversorgung für die von ihm hergestellten Beleuchtungskörper und -anlagen sichergestellt.
1842: Mit einem „Dombaufest“ werden die seit 250 Jahren wegen chronischen Geldmangels ruhenden Arbeiten am Kölner Dom wieder aufgenommen. Bis das Kölner Wahrzeichen jedoch seine endgültige Form erhält, werden weitere 38 Jahre ins Land ziehen.
Geburtstage:
1917: Henry Ford II. († 29.9.1987); US-amerikanischer Automobilunternehmer und Enkel des Firmengründers der Fordwerke. Unter seiner Leitung (Präsident des Unternehmens in den Jahren 1945-60) avancierte die Detroiter Ford Motor Company zu einem der größten Autohersteller weltweit.
1915: Rudolf Schock († 13.11.1986); deutscher Operntenor. Bei seinen Konzertreisen in alle Welt, Bühnen- und Fernsehauftritten begeisterte der Tenor sein Publikum mit Partien aus Opern der Komponisten Verdi, Mozart und Puccini, huldigte aber auch der leichteren Muse mit Operetten und Volksliedern. Großer Erfolg war ihm im Musikfilm „Du bist die Welt für mich“ beschieden, der das Leben des Sängers Richard Tauber nachzeichnete.
1892: Darius Milhaud († 22.6.1974); französischer Komponist, der zeitweise an der Universität von Oakland/Kalifornien und am Pariser Konservatorium dozierte. Zusammen mit Jean Cocteau und Eric Satie gehörte er dem Künstlerkreis „Groupe des Sixe“ an, der das Musikgeschehen in Frankreich nachhaltig beeinflusste.
1888: Oskar Schlemmer († 13.4.1943); deutscher Maler und Grafiker, der von 1920 bis 1929 am renommierten Bauhaus in Weimar und Dessau unterrichtete und im Anschluss daran eine Lehrtätigkeit an den Kunstakademien in Breslau und Berlin ausübte. Neben abstrakten Plastiken und Aquarellen schuf er auch Bühnenbilder.
1768: François René Vicomte de Chateaubriand († 4.7.1848); französischer Staatsmann und Schriftsteller, der auch für das gleichnamige Filetsteak Pate stand. Seine Tätigkeit als Botschafter brachte ihn nach London, Berlin und Nordamerika und ließ ihm scheinbar viel kreativen Freiraum, die er zum Schreiben von christlich geprägten Werken nutzte, u.a. der Novellen „René“ und „Les Martyr“ (1809).
Copyright Rosmarie Elsner