Sonntag 01.10.23

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Kalenderblatt Sonntag, 01. Oktober 2023

 

Zitat des Tages: „Die Theorie ist eine Vermutung mit Hochschulbildung.“ Jimmy Carter (1924)


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1.10.1982: Machtwechsel in Bonn: Schmidt geht, Kohl kommt
Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist am 1. Oktober 1982 in Bonn ein konstruktives Misstrauensvotum erfolgreich. Der Bundestag stürzt Bundeskanzler Helmut Schmidt und beendet dadurch nach 13 Jahren die Regierungszeit der SPD/FDP-Koalition. Sechster Kanzler der Bundesrepublik Deutschland wird der CDU-Vorsitzende Helmut Kohl.

Mehr Details:
Der hanseatische SPD-Mann Helmut Schmidt, vom Koalitionspartner FDP durch den Rücktritt von vier FDP-Ministern (Baum, Ertl, Genscher und Lambsdorff) Mitte September im Stich gelassen und von der eigenen Partei systematisch zermürbt, hatte Kohl jahrelang als „provinziell“ bezeichnet. Nun aber steht der 52-jährige gewichtige Pfälzer als Sieger und Nachfolger vor ihm. Der Machtwechsel erfolgt in einer Atmosphäre heute selten gewordener Fairness zwischen Sieger und Besiegtem, ändert aber nichts an der tiefen Verbitterung bei den Unterlegenen. Es ist schließlich ein Kanzlersturz mitten in der Legislaturperiode. „Der Lotse geht von Bord“, schreiben die Tageszeitungen über den denkwürdigen Abgang des Hanseaten Schmidt.
Den Hintergrund bildete die politische Entfremdung zwischen den Freien Demokraten und ihren sozialdemokratischen Verbündeten. FDP-Chef Hans-Dietrich Genscher sah immer deutlicher, dass es so nicht weitergehen konnte. Umfragen hatten ergeben, dass der FDP an der Seite der SPD der Untergang drohte: Im September 1982 wollten nur noch 2,3 Prozent der Bundesbürger ihre Stimme der FDP geben. Als Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff (FDP) Mitte September in einer als „Wendepapier“ berühmt gewordenen Denkschrift eine liberalere Wirtschafts- und eine sparsamere Haushaltspolitik verlangte – was Schmidt als unglaubliche Provokation und als eine Art „Scheidungsbrief“ empfand –, ließ der Kanzler die Koalition platzen. Als Termin für ein Misstrauensvotum wurde der 1. Oktober anberaumt. Von 495 voll stimmberechtigten Abgeordneten votierten 256 für Kohl, 235 gegen diesen, vier enthielten sich der Stimme. Damit hatte der Herausforderer Kohl durch den Seitenwechsel der FDP sieben Stimmen mehr als die erforderliche absolute Mehrheit erhalten.
Fünf Monate später bestätigten die Wähler Kohl auf eindrucksvolle Weise: Mit 48,8 Prozent der Stimmen für die CDU/CSU und sieben Prozent für die FDP konnte sich der Kanzler auf eine komfortable Mehrheit stützen. Sie bröckelte zwar bei den folgenden Wahlen, hielt aber immerhin 16 Jahre lang. Auch wenn Kohl in der Deutschlandpolitik auf Kontinuität setzte, so wollte er doch den Willen zur Einheit der Nation wieder stärker in den Mittelpunkt gerückt wissen. Dass er tatsächlich zum „Einheitskanzler“ werden sollte, hatte er sich wohl ebenso wenig erträumt wie seine spätere Selbstdemontage durch die Spendengeldskandale.
Gedenktage:
1989: Die Flüchtlingszüge mit den DDR-Bürgern, die sich wochenlang in den deutschen Botschaften in Prag und Warschau aufgehalten und in der Nacht zuvor die ersehnte Ausreisegenehmigung in den Westen erhalten hatten, treffen in der bayerischen Grenzstadt Hof ein. Dort schlägt den 6.000 erschöpften Flüchtlingen der Jubel der Bevölkerung entgegen.
1958: Ein US-Soldat trifft in Bremerhaven ein, um seinen Wehrdienst im hessischen Friedberg anzutreten. Das Besondere an dem jungen Mann: Er heißt Elvis Presley und ist der berühmteste Rock’n’Roll-Star der Welt. Unter strenger Bewachung wird der von einer kreischenden Teenie-Schar empfangene Sänger zu seiner Garnison gebracht.
1946: Vor dem Internationalen Militärtribunal werden die Urteile im „Nürnberger Prozess“ gegen die Kriegsverbrecher verlesen. Von den 23 Hauptschuldigen werden zwölf zum Tode verurteilt, darunter die NS-Führungsmitglieder Hermann Göring, Alfred Jodl, Wilhelm Keitel und Joachim von Ribbentrop. Die Urteile – Tod durch Erhängen – werden zwei Wochen später vollstreckt.
1938: Gemäß dem vor drei Tagen geschlossenen „Abkommen von München“ marschieren Truppen der deutschen Wehrmacht heute in der Tschechoslowakei ein und annektieren das größtenteils von Deutschen besiedelte Sudetenland. Die Westmächte hatten sich dieser Forderung Hitlers in der Hoffnung gebeugt, einen drohenden Krieg zu verhindern.
1921: Der Berliner Stadtteil Schöneberg wird zum Vorbild für die Müllentsorgung in Deutschland. Dort wird heute das erste Müllkraftwerk des Landes in Betrieb genommen. Der in 100-Liter-Säcken gesammelte, unsortierte Abfall wird in Hochöfen verbrannt; die ausgestoßenen Schlackenrückstände werden in Form von Kunststeinen wiederverwertet.
Geburtstage:
1935: Julie Andrews, eigentlich J. Elizabeth Wells; US-amerikanische Schauspielerin, die bereits für ihre erste Rolle in der Disney-Produktion „Mary Poppins“ die Oscar-Trophäe erhielt. Großer Erfolg war ihr in Filmkomödien ihres Ehemanns, des Regisseurs Blake Edwards, beschieden. Besonders hinreißend ist ihr Part im Travestie-Spektakel der 20er Jahre: „Victor und Victoria“ (1982).
1924: Jimmy (James Earl) Carter; US-amerikanischer Politiker. Der Demokrat und 39. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika (1977-81), der sich erfolgreich für ein Friedensabkommen zwischen Ägypten und Israel einsetzte, hatte zunächst Probleme wegen seines Images als ehemaliger Erdnussfarmer. Ironie des Schicksals: Im Wahlkampf (1980) verlor er gegen den Ex-Schauspieler Ronald Reagan.
1920: Walter Matthau, eigentlich W. Matuschanskavasky († 1.7.2000); US-amerikanischer Schauspieler. Der Mime mit dem unverwechselbaren Knautschgesicht brillierte in zahlreichen Hollywood-Komödien, darunter „Die Kaktusblüte“ oder im einzigartigen Gespann mit Jack Lemmon in den Filmen „Extrablatt“ und „Out To Sea“.
1905: Alfons Goppel († 24.12.1991); deutscher CSU-Politiker. Der Ministerpräsident Bayerns (1962-78) und Europaparlamentarier (1979-85) erfreute sich bei der Bevölkerung großer Beliebtheit und verkörperte erstmals die politische „Vaterfigur“ im weiß-blauen Freistaat. Sein 1947 geborener Sohn Thomas trat ebenfalls in die politischen Fußstapfen des Vater und ist heute CSU-Generalsekretär.
1881: William Edward Boeing († 28.9.1956); US-amerikanischer Flugzeugbauer mit Fachkönnen und unternehmerischem Denken. Die von ihm gegründete Boeing Airplane Company baute die berühmte „Boeing“, wurde weltweit größter Hersteller ziviler Düsenflugzeuge und startete 1970 mit dem Jumbo-Jet in eine neue Dimension der Großraumflugzeuge.
Copyright Rosmarie Elsner

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