Land sehen

Land sehen

Piper/Berlin-Verlag

Husch Josten

Land sehen

240 S., € 20,–, ISBN 978-3-8270-1379-8. Rezension von Ursula Süß-Loof, M.A.

Du kannst nicht vielleicht glauben. Du tust es. Oder eben nicht.

 

Ausgerechnet Priester! Jahrzehntelang war sein Patenonkel Georg von der Bildfläche verschwunden. Ein lebenshungriger Mann, der nie etwas ausgelassen hat. Nach dreißig Jahren ist er nun zurück. Und das als Mitglied eines umstrittenen katholischen Ordens. Eine grundlegende Wesensänderung kann der Literaturprofessor Horand Roth bei seinem unorthodoxen Verwandten allerdings nicht erkennen. Wie also passen Onkel und Orden zusammen? Und wie hält er selbst es eigentlich mit der Religion? An unerwarteter Stelle (auf dem Land, wo er wahrlich nie landen wollte) findet Roth die Antwort und noch mehr: ein berührendes Stück Familiengeschichte und deutscher Vergangenheit – eine kleine Heldengeschichte.

Die Journalistin und Schriftstellerin, Husch Josten, hat ein bewegendes Buch geschrieben, das Glaubensfragen stellt und nach Antworten sucht. Darin erzählt sie von der Begegnung zweier Menschen nach vielen Jahren, die sich sehr nah sind aber in verschiedenen Welten leben. So die Ausgangsposition des Romans.

Der Literaturprofessor Horand Roth hat sich im Leben eingerichtet. Am besten, man konzentriert sich auf den kleinen Ausschnitt des eigenen Daseins und die Bücher und Geschichten anderer, findet er. Mit Glauben und Religion hat er irgendwie abgeschlossen, oder wie es im Roman heißt: „sich im Agnostizismus auf neutralem Boden bequem eingerichtet“. Bis plötzlich sein lange verschwundener Patenonkel als Mönch wieder in sein Leben tritt und für Unruhe sorgt. Roth will verstehen, warum der unkonventionelle, lebensfrohe Georg Mitglied eines erzkonservativen Ordens geworden ist. Die beiden haben sich nicht mehr gesehen, seit Georg nach einem Streit mit seiner Schwester, der Mutter von Horand, von der Bildfläche verschwunden ist. Der Patenonkel fordert ihn heraus. und er sieht sich auf einmal mit Glaubensfragen konfrontiert. Viel gerät dadurch in ihm in Bewegung. Aber auch bei Georg ist der Glaube nicht in Stein gemeißelt. Die Piusbrüder sind nicht das, was er sich vorgestellt hat.

Der Roman erzählt, wie sich beide begegnen, wie sie sich herausfordern. Roth findet einen Weg, sich seinem Onkel und dessen Glauben anzunähern. Als er schließlich zu fragen wagt, weshalb Georg sich vor Jahrzehnten mit der Familie überworfen hat, erfährt er ein erschütterndes Familiengeheimnis.

Leicht und in überraschenden Wendungen erzählt Husch Josten in dem dicht erzählten, ebenso spannenden wie anspruchsvollen Roman tiefgründig wie humorvoll von Nähe und Freundschaft, von einem bewegten Leben und dem Ringen um ewige Fragen.

Im Mittelpunkt steht der Glaube. „Niemand, der bei Verstand ist, kommt an der Frage des Glaubens vorbei. Weil die wichtigsten Religionskritiker die gläubigsten Menschen sind. Und weil Skepsis die beste Voraussetzung ist, um sich wesentlichen Fragen zu nähern.“

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