„Sandy“ streift Santiago de Cuba

„Sandy“ streift Santiago de Cuba


Hurrikan „Sandy“. Erfahrungsberichte aus Santiago de Cuba
Von Marco Antonio Martinez Cabrerizo
In dem im Osten der Zuckerinsel liegenden Santiago de Cuba, meiner Heimat, gab es eine Woche nach dem Durchzug von Hurrikan Sandy immer noch weder Strom noch Wasser. Der Nachlass von Sandy besteht aus 11 Toten und unzähligen zerstörten Wohnungen, Pflanzungen und fast ganz gestörten Kommunikationsnetzen. Die Schätzungen der Regierung belaufen sich, laut dem offiziellen Amtsblatt Granma, auf rund 130.000 betroffene Wohnungen, wovon circa 15.400 total und circa 36.500 teilweise eingestürzt sind.
Die am meisten betroffenen Bezirke der Stadt sind Palma Soriano, Songo-La Maya, Mella, II Frente und die Provinz von Guantánamo, wo die Landschaft verheerend aussieht. Allerdings hat sich die Bevölkerung sofort aufgemacht, übrig Gebliebenes auf den Feldern zu suchen und zu retten was zu retten ist.

Für Berta Seguera, eine 82-jährige Rentnerin, war „die Hurrikan-Nacht die schrecklichste ihres langen Lebens“. Fünf endlose Stunden, gefangen in dem Angstgefühl, dass Fenster und Türen dem Druck nicht standhalten und der Sturm das Haus wegfegt. Die Augenzeugin lebt in einem Haus aus dem Jahr 1945, im Residenzviertel von Vista Alegre in Santiago de Cuba. Das Gebäude wurde vom Hurrikan lediglich gestreift, während weder vom Innenhof noch vom Garten etwas übrig blieb. Die Bäume sahen aus, wie mit der Säge zerkleinert und von einem Mangobaum blieben nur einige, wie abrasiert aussehende  Zweiglein übrig: „Es bietet sich jetzt ein so ungeheuerlicher, höchst deprimierender Anblick, dass ich vor Seelenschmerz fortwährend weinen muss.“ In Berta Segueras Quartier blieb die Stromversorgung eine Woche lang aus, während Gasversorgung und die Telefonverbindungen funktionierten.  Die Lebensmittelreserven gingen langsam zur Neige, doch zumindest die Basisprodukte wurden, zum Teil zu reduzierten Preisen, angeboten.
Leyani Chacón (37)  in Palma Soriano erzählt mit tränenerstickter Stimme, dass sie miterleben musste, wie die Nachbarin vom einstürzenden Haus erdrückt wurde. Elsa Esperanza Bernal (72) ist eines der gemeldeten 11 Opfer von „Sandy“. „Während Elsa schlief, hörten wir zuerst den Baum, dann ihr Haus einstürzen“ erinnerte sich Chacón. Ihr Enkel Daniel, der ihr zu Hilfe eilen wollte, erlitt durch herabstürzende Gegenstände, Verletzungen an der Wirbelsäule.“ Die Zone ist verwüstet, es fehlen Strom und Telefonverbindungen. Inzwischen wird diese am meisten betroffene Region Santiago de Cubas mittels Lastwagen mit Wasser und Brennstoff (Kerosin und Alkohol) zu Kochzwecken versorgt.
„So etwas ist hier noch nie vorgekommen. Sandy hinterließ – durch eine Wucht ohnegleichen – eine zertrümmerte Stadt ohne Dächer. Die Parkanlagen wurden vorerst mit aufgestapelten Bäumen vollgestopft, dann flach gewalzt“, beschreibt es der im Zentrum wohnende Arzt Enrique Berdión (45) im Telefongespräch mit AP (Associated Press). Eine Woche später war die gewohnte Versorgung mit Wasser, Strom und Gas noch nicht wiederhergestellt. Hingegen garantierten Notstromgruppen die Versorgung von Krankenhäusern, Bäckereien, Nahrungs-Produktionsstätten etc.
Auch hat das öffentliche Sanitätspersonal ein wachsames Auge, um Ausbrüche möglicher Epidemien zu verhindern.
Inzwischen sind Spenden aus Venezuela, Russland, Panamá und vielen weiteren Ländern eingetroffen. Und offensichtlich hat der Staatspräsident, Raúl Castro Ruz, praktisch sämtliche betroffenen Bezirke und deren Hauptstädte besucht, informiert und Maßnahmen verordnet, um die Gesundheit der Bevölkerung, die Elektrizitätsversorgung sowie die Instandsetzung und den Wiederaufbau der betroffenen Wohnungen zu garantieren.

Tags: